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Das Schicksal der Steuerreform, eines der wichtigsten Projekte von Donald Trump, entscheidet sich in den nächsten Tagen im Kongress.

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Wien – Das Steuersystem in den USA steht vor der größten Umgestaltung seit Jahrzehnten. Sofern es keine Abweichler unter den Republikanern gibt, könnte bereits diese Woche die zweite Parlamentskammer, der Senat, grünes Licht für die Steuerreform geben. Sie gilt als das politische Vorzeigeprojekt von Präsident Donald Trump.

Die Debatten fokussieren in den USA wie in Europa derzeit auf die Verteilungseffekte des republikanischen Vorhabens. Besonders die obere Mittelschicht und sehr wohlhabende Bürger würden von den Entlastungen profitieren. Steuerexperten warnen aber davor, dass in dem Gesetzespaket in Washington eine "böse Überraschung" für die EU und europäische Unternehmen verborgen ist. Von einem "brutalen Vorgehen" spricht Sébastien Maury, Steuerfachmann beim Beratungsunternehmen KPMG in Zürich.

Sondersteuer

Für Aufregung sorgt die geplante Einführung einer Sondersteuer für ausländische Unternehmen. Worum geht es? Die Grundregeln im internationalen Steuerrecht besagen, dass Unternehmen dort besteuert werden sollen, wo sie ihre Waren und Dienstleistungen herstellen, wo es also eine Betriebsstätte gibt. Die Republikaner rütteln an diesem Prinzip.

Im Repräsentantenhaus wurde bereits das Gesetz zur Steuerreform verabschiedet. Dieses sieht vor, dass konzerninterne Zahlungen von multinationalen Unternehmen mit einer 20-prozentigen Importsteuer belegt werden.

Ein Beispiel: Ein Grazer Unternehmen verkauft Baumaschinen über eine Vertriebstochter in Pittsburgh in die USA. Der Vertrieb in Pittsburgh macht keinen Gewinn, weil jede Maschine, die um 100.000 US-Dollar verkauft wird, um genau diesen Preis aus Graz eingekauft wurde. Der Gewinn landet also bei der Konzerngesellschaft in Österreich, dort fällt auch die Gewinnsteuer an.

Transaktion

Künftig soll auf unternehmensinterne Transaktionen, wie den Einkauf der Maschine aus Österreich, in den USA die 20-prozentige Importsteuer erhoben werden. Das gilt für den Kauf von Waren und Dienstleistungen ebenso wie für Zahlungen für Lizenzen.

Im Zuge der Debatten im Repräsentantenhaus wurde eine Entschärfung bei den Plänen eingefügt. Unternehmen können ihre konzerninternen Exporte in die USA einer fiktiven Betriebsstätte zurechnen. Der Grazer Maschinenbauer müsste für sein US-Geschäft dann eine Steuererklärung abgeben, den Anteil seiner Gewinne in den Vereinigten Staaten also ausweisen und versteuern.

Fiktive Betriebstätte

Im Ausland bezahlte Steuern könnten zu 80 Prozent angerechnet werden. Bei einer Körperschaftssteuer von 25 Prozent wie in Österreich, wären 20 Prozent anrechenbar. Sollte der Unternehmenssteuersatz in den USA wie von den Republikanern angepeilt auf 20 Prozent sinken, fielen also keine zusätzlichen Abgaben für heimische Unternehmen an.

Im Fall von Niedrigsteuerländern wie Irland oder Malta wäre das anders. Der Ökonom Joachim Becker spricht deshalb von einer "Strafsteuer" auf europäische Unternehmen. Er sieht vor allem den möglichen Alleingang der USA als problematisch an.

Die Errichtung fiktiver Betriebsstätten könnte zudem nur ein erster Schritt einer größeren Reform sein: Teile der Republikaner liebäugeln mit einer Umstellung des Steuersystems, bei der unabhängig von Betriebsstätten angesetzt wird, wo die Konsumenten sitzen.

Abgeschwächte Variante

Die Gesetzesvariante, die im Senat diskutiert wird, ist deutlich abgeschwächter, sieht aber auch eine Sondersteuer vor. Die Steuer fällt nicht für Warenlieferungen, wohl aber für Lizenzzahlungen an. Die Regel im Senat soll nur für große Unternehmen gelten, die mehr als 500 Millionen US-Dollar in den USA umsetzen. Der Abgabensatz beträgt zehn Prozent, ab 2025 sind es 12,5 Prozent. Die Sonderabgabe fällt nur oberhalb einer Mindestschwelle von Zahlung an. Auch hier könnte es einen Abzug von im Ausland bezahlten Steuern geben.

Der US-Steuerexperte William Byrnes sagt, dass die Senatsvorschläge vor allem Unternehmen treffen sollen, die Gewinne in klassische Steueroasen verschieben. Sollte der Senat seine Version der Steuer beschließen, müssen sich die beiden Parlamentskammern auf eine Version einigen.

Konflikt mit EU programmiert

Je mehr von der Gesetzesversion im Repräsentantenhaus übrig bleibt, umso wahrscheinlicher ist ein Konflikt mit der EU, sagt der US-Steuerfachmann Byrnes. Die USA und die EU-Länder haben eigene Abkommen, die festlegen, wann europäische Unternehmen Gewinne in den USA versteuern müssen. Jeder einseitige Eingriff wäre eine Provokation der Europäer, so Byrnes. (András Szigetvari, 30.11.2017)