"Xenoblade Chronicles 2" ist an 12 Jahren für Nintendo Switch erschienen. UVP: 59,99 Euro.

Bild: Hersteller

Rex und seine Klinge, die äußerst spärlich bekleidete Pyra.

Foto: Monolith Soft/Nintendo
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Anfang des Jahres launchte Nintendo die Switch gemeinsam mit "The Legend of Zelda: Breath of the Wild." Die Kombi aus neuem Gadget und altbekanntem Fan-Favorite sicherte dem japanischen Hersteller einen zumindest anfänglich erwarteten Siegeszug. Das Spiel war episch, gigantisch, atemberaubend und, für einen "Zelda"-Teil, auch völlig neu und unvorhergesehen: Nintendo hat sich mit frischem Mut an das Open-World-Modell herangewagt und aus Hyrule den perfekten Spielort für Sammeljagd und Entdeckungslust kreiert. "Zelda" eröffnete das Jahr und die Geburt der Switch mit einem großen Knall.

Mit "Xenoblade Chronicles 2" beendet Nintendo seine Tour de Force genauso, wie die "Mario"-Macher sie begonnen haben: mit einem epochalen Open-World-Abenteuer. Der nächste große Gipfelstürmer ist es aber nicht.

Titan Ade

"Xenoblade Chronicles 2" ist zwar die Fortsetzung des 2011 erschienen "Xenoblade Chronicles", doch setzt der zweite Teil nicht nur neue Charaktere in den Fokus, sondern wurde auch das Kampfsystem komplett generalüberholt und – was für viele Fans erfreulich sein wird – vereinfacht.

Die "Xenoblade"-Fortsetzung spielt in einer vom Untergang bedrohten Welt namens Alrest, in der die Menschen und andere Spezies, Völker und Kreaturen auf kolossalen Titanen wohnen. Diese treiben im Wolkenmeer umher, solange bis sie das zeitliche Segnen und eine ganze Zivilisation mit in den Tod reißen. Inmitten dieser Welt aus Wolken und Tod steht der Weltenbaum, auf dessen Spitze sich das mythenumrankte Paradies Elysium befinden soll – das Ziel des Protagonisten Rex. Der junge Bergungstaucher gerät unwissend in einen Geheimplan, die stärkste Waffe der Welt zu vernichten: die Aegis. Und wie es das Schicksal – und klassisches Storytelling – so will, gehört diese stärkste aller Waffen zu ihm.

Video: Story-Trailer zu "Xenoblade Chronicles 2"
Nintendo

Ein bisschen "Pokèmon"

Dabei ist "gehören" der falsche Ausdruck, denn im neuen Kampfsystem sind die Waffen personifizierte Wesen, "Klingen" genannt, die mit dem Protagonisten verbunden sind. So erscheint Rex’ Klinge Pyra als Feuermädchen mit überdimensionierten, weiblichen Attributen, oder als sanfter Tiger mit Kräuterwissen, wie im Falle der katzenähnlichen Kämpferin Nia. Jeder sogenannte "Meister" kann unendlich viele Klingen sein eigen nennen, in dem er sie durch Kernkristalle zum Leben erweckt. Diese haben alle besondere Eigenschaften und Fähigkeiten, die entscheidend sind, wie der Spieler sich in Auseinandersetzungen positioniert: Angriff, Heilung oder Verteidigung.

Zusätzlich kommen Elemtarfähigkeiten ins Spiel, die dem Schere-Stein-Papier-System entsprechend Vor- und Nachteile im Kampf gegen Kreaturen und andere Meister erzeugen können. Das ist insbesondere wichtig, wenn man mit einer Feuerklinge gegen eine Wasserklinge kämpft, oder wenn man gemeinsam mit anderen Meistern Elemtarkombos ausführen will. Ganz wie in "Pokémon" lassen sich die Fähigkeiten der Klingen durch regelmäßiges Kämpfen und Items verbessern und verstärken.

Rex und die legendäre Klinge, Pyra alias Aegis.
Foto: Monolith Soft/Nintendo

Gewöhnungsbedürftiges Kampfsystem

Wer jetzt beim Lesen schon ausgestiegen ist, der braucht auch bei "Xenoblades Chronicles 2" einen langen Atem. Das Game verlangt dem Spieler enorm viel Geduld und – noch wichtiger – Zeit ab. Das unnötig umfangreiche Auflevel-, Weiterentwicklungs- und Klingenerweckungssystem sowie alle anderen JPRG-typischen Elemente sind viel langwieriger, als sie eigentlich sein hätten müssen. Oft bereut man, dass man das Spiel angefangen hat, und nicht schnell ein paar Monde in "Super Mario Odyssey" sammeln gegangen ist.

Das vor allem am Anfang überfordernde Kampfsystem versucht einen zwar Schritt-für-Schritt an Kombos, Elementarkombos, Klingenkombos, Meisterkombos, Supermegameisterklingenkombos (letzteres gib es dann doch nicht) heranzuführen, doch werden einem viel zu viele verschwurbelte Erklärungen entgegengeworfen, ohne dass man die Dinge dann überhaupt verdauen oder gar umsetzen kann – und das ist nicht nur beim Kämpfen, sondern bei allen neuen Informationen der Fall. Und das Spiel versucht erst gar nicht im späteren Verlauf nochmal auf die relevanten Techniken hinzuweisen.

Nicht gerade behilflich dabei ist das gewöhnungsbedürftige Kampfsystem, das vor allem eines verlangt: immer wieder den gleichen Knopf drücken. Bis zum Ende dieses Tests hab ich nicht wirklich gewusst, was ich genau mache – funktioniert hat es dann aber. Ein paar simple Gedanken muss man sich schon machen, aber die Auto-Attacken wirken wie eine verpasste Möglichkeit, eine reale Kampfmöglichkeit einzubauen – "XC2" wäre nämlich prädestiniert dafür.

Japano-Charme und viele, viele Cutscenes

Was dafür von der ersten Sekunde überzeugt, ist der herzige Anime-Look des Games, der vor allem im Charakterdesign und der Gestaltung der Welt – wo findet man schon eine Stadt im Inneren eines riesigen Monsters – zu Hochform aufläuft. Die Figuren sind sympathisch, einzigartig designet und haben ausdrucksstarke Mimiken von den Entwicklern verpasst bekommen, die in den sehr, sehr häufigen Cutscenes zur Geltung kommen. Zwar ist es typisch für japanische RPGs, dass sie extrem von der Handlung getrieben werden, leider wirkt es in "Xenoblade Chronicles 2" oft so, als würde man sich von einer Cutscene zur nächsten hangeln, und nicht wirklich die Welt erkunden. Diese sind schön animiert und vermitteln cineastische Spannung, doch allen Fanboys- und –girls sei ans Herz gelegt, die japanische Tonspur als DLC runterzuladen. Die englische Synchro gibt sich zwar viel Mühe, doch passt die Synchro atmosphärisch, sprachlich wie emotional, selten zu den gezeigten Situationen, in denen sich die Protagonisten befinden.

Alles nur Gewöhnungssache (?)

Nichtsdestotrotz: Auch wenn die Überforderung und das krude Kampfsystem am Anfang abschrecken mögen, der Charme des Japano-Flairs und die fesselnde Story mit ihren wohlgeformten (sic!) Charakteren schaffen es, selbst große Skeptiker *hüstel* mich *hüstel* zumindest zu einer kleinen Kehrtwende zu bewegen und "Xenoblades Chronicles 2" für gut zu befinden. Es ist alles eine Gewöhnungsfrage.

Es macht schon Spaß zu sehen, wie sich typischen Anime-Topoi folgend die Figuren von einer Aufgabe in die nächste missliche Lage manövrieren, wie der aufmüpfige, junge Held vom weisen, alten Mann belehrt wird, wie die kratzbürstige Katzenfrau langsam ihren Schutzpanzer fallen lässt und sich dabei eine Geschichte mit religiösem Subtext entspinnt, dass sich ganz in der Tradition der großen Mythen bewegt. Dass dort viele Narrative Klischees bedient werden – männlicher Held verliebt sich in junge Frau, die er helfen und retten muss – sei dahingestellt und passt in Nintendos archaische Erzählstrukturen. Die Musik des JPRGs steht dem des großen Schattens "Zelda" in nichts hinterher, nur manchmal möchte man meinen, könnte das Klanggewitter weitaus weniger on the nose sein.

Fazit

"Xenoblade Chronicles 2" beendet Nintendos Comeback-Jahr auf einem hohen Level. Es bietet riesige erkundbare Welten, ein gewöhnungsbedürftiges, anfangs überforderndes Kampfsystem, ein fantastisches Design sowie einen speziellen Japano-Charme. Für JPRG-Fans ein Muss, entfaltet sich für Neulinge und Skeptiker, die sich drübertrauen und viel Zeit aufwenden können, durchaus ein weiteres Nischen-Highlight auf Nintendos Switch. "Zeldas" Cousin zweiten (oder dritten) Grades ist einen Blick Wert. (Kevin Recher, 14.12.2017)

"Xenoblade Chronicles 2" ist an 12 Jahren für Nintendo Switch erschienen. UVP: 59,99 Euro.

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