Muslime sind noch immer eine relativ kleine Minderheit in Europa. Im Jahr 2016 waren rund fünf Prozent aller Menschen oder eben 25,8 Millionen Personen muslimischen Glaubens. Das wird sich auf jeden Fall ändern. Das Pew-Forschungszentrum mit Sitz in Washington hat den Versuch unternommen, diese Veränderung in den EU-Staaten plus Norwegen und der Schweiz bis ins Jahr 2050 an Zahlen festzumachen.

Dabei gingen die Wissenschafter in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht von drei Szenarien aus. Im ersten Szenario werden die Grenzen dichtgemacht, und es findet überhaupt keine Migration mehr statt. Im zweiten Szenario gehen die Mitarbeiter des Zentrums davon aus, dass es keine Fluchtbewegungen mehr Richtung Europa gibt und es nur klassische Migration auf den Kontinent gibt. Im dritten Szenario kalkulieren die Wissenschafter zusätzlich mit den hohen Flüchtlingszahlen aus den Vorjahren.

Geschätzter Anteil der Muslime im Ländervergleich.

Schwächen der Szenarien

Egal welches Szenario durchgespielt wurde: Der Anteil der Muslime in Europa wird bis 2050 steigen, und zwar von 4,9 auf 7,4 bis 14 Prozent. Das heißt, er steigt um mindestens 50 Prozent. In Österreich sprechen die Forscher von einem Anteil von 6,9 Prozent im Jahr 2016. Dieser wird sich je nach Szenario auf 9,3 bis 19,9 Prozent erhöhen.

Dabei ist sowohl unwahrscheinlich, dass es überhaupt keine Migration geben wird, als auch, dass die Fluchtbewegungen aufhören werden. Mit den anhaltenden Krisen im Nahen Osten und dem weiterhin bestehenden Bürgerkrieg in Syrien und den Auswirkungen auf die Region werden weiterhin Flüchtlinge ihren Weg nach Europa finden.

Die Zahlen des dritten Szenarios sind wahrscheinlich aber zu hoch angesetzt. Denn schon jetzt lässt sich feststellen, dass die Rekordzahlen von 2010 bis 2016 deutlich zurückgehen. Laut Daten der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind bis Ende November dieses Jahres 174.509 Menschen über den See- oder Landweg nach Europa gekommen. Im Vorjahr waren es mehr als doppelt so viele.

Dabei haben nicht alle Migranten und Flüchtlinge den muslimischen Glauben. Rund 47 Prozent der zwischen 2010 und 2016 Zugezogenen gehören laut Pew einer anderen Religion an.

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Laut Prognosen steigt die Zahl der Muslime in Europa um mindestens 50 Prozent.
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Jung, kinderreich und gläubig

Als Gründe für den Anstieg des muslimischen Anteils an der Bevölkerung sehen die Studienautoren das niedrige Durchschnittsalter der Muslime in Europa. Mit rund 30,4 Jahren liegt es 13 Jahre unter dem Durchschnittsalter aller Europäer (43,8). Zusätzlich bekommen muslimische Frauen durchschnittlich 2,6 Kinder und somit ein Kind mehr als der Durchschnitt aller europäischen Frauen (1,6). Gleichzeitig bleiben Muslime eher ihrer Religion treu. Nur 250.000 europäische Muslime haben ihren Glauben zwischen 2010 und 2016 geändert, während rund 3,7 Millionen Muslime auf den Kontinent kamen.

Die Datengrundlage der Studie ist jedoch relativ unsicher. Denn nicht alle europäischen Staaten führen Statistiken über den Anteil ihrer muslimischen Bevölkerung. Die Studienautoren schlossen von den Herkunftsländern auf die Religion der Menschen. Laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist die Zahl der 3,7 Millionen zugezogenen Muslime zudem nur eine grobe Schätzung. Fast eine Million muslimische Geflüchtete haben keinen Schutz erhalten und werden zum Teil das Land wieder verlassen. (bbl, 30.11.2017)