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Nach dem jüngsten Raketenstart Nordkoreas forderten die USA alle Länder dazu auf, ihre diplomatischen Beziehungen mit Pjöngjang abzubrechen. Auf offene Ohren stießen sie dabei nicht.

Foto: AP Photo/Ahn Young-joon

Seoul/Moskau – Die USA stehen mit ihrer Forderung nach einer auch diplomatischen Isolierung Nordkoreas vorerst allein da. Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte am Donnerstag russischen Nachrichtenagenturen zufolge, das Vorgehen der USA sei geeignet, Nordkorea zu extremen Schritten zu provozieren. Sollten die USA einen Vorwand suchen, das Land zu zerstören, sollten sie dies klar sagen.

Die USA hatten alle Staaten wegen des jüngsten nordkoreanischen Raketentests aufgefordert, die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordkorea zu beenden. Zugleich drohten sie Nordkorea im Falle eines Krieges erneut mit der "völligen Zerstörung".

Keine Gewalt

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn lehnte die US-Forderung ab. "Bis jetzt war die Linie ganz klar", sagte er der ARD. Europa sei den Uno-Sanktionen gefolgt und habe eigene Strafmaßnahmen verhängt, zugleich aber Gesprächskanäle offengelassen. Er glaube daher auch jetzt, dass nicht alle Botschaften geschlossen werden sollten. "Wenn alles geschlossen wird, alle Dämme gebrochen sind, dann bleibt ja nur eines: Dass man dann mit Gewalt reagiert. Und das kann ja auch nicht gehen."

Auch der Transatlantik-Koordinator der deutschen Regierung, Jürgen Hardt, sprach sich dagegen aus, den deutschen Botschafter aus Nordkorea abzuziehen. "Für das Nordkorea-Problem kann es letztlich nur eine diplomatische Lösung geben", sagte Hardt. Dabei könnten sich die Europäer nicht alleine auf die chinesische oder die russische Botschaft in Nordkorea verlassen. "Es ist gut, dass Europa und damit der Westen mit der deutschen Botschaft einen Anker in Pjöngjang hat." Das Auswärtige Amt in Deutschland wollte sich zunächst nicht offiziell äußern. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel ist am Donnerstag zu Gesprächen in Washington.

Botschafterabzug gefordert

Nach dem Test einer neuen Interkontinentalrakete durch Nordkorea hatten die USA das Auswärtige Amt in Berlin aufgefordert, seinen Botschafter aus Nordkorea abzuziehen. Länder mit diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea sollten diese abbrechen, um den Druck auf Pjöngjang im Atomstreit mit dem kommunistischen Land zu erhöhen, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, am Mittwoch. Deutschland gehört anders als die USA zu den Ländern, die ihre diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea trotz dessen Atomprogramms aufrechterhalten haben. Österreich hat keine diplomatische Vertretung in Pjöngjang.

Die USA nahmen auch andere Länder in die Pflicht. In einer Sitzung des Sicherheitsrats in New York am Mittwoch (Ortszeit) forderten sie insbesondere China auf, seine Öllieferungen an das benachbarte Nordkorea zu stoppen. "China muss mehr tun", sagte Uno-Botschafterin Nikki Haley. Chinas Präsident Xi Jinping habe die Chance, "das Richtige zum Vorteil aller Länder zu tun". Andernfalls könnten die USA die "Öl-Situation selbst in die Hand nehmen". Konkrete Schritte als Reaktion auf den Test, mit dem Nordkorea erneut gegen Uno-Resolutionen verstoßen hat, beschloss der Sicherheitsrat nicht.

Peking besteht auf Dialog

China reagierte zurückhaltend auf die Forderung der USA. Peking sei stets dafür eingetreten, die vom Uno-Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen umzusetzen, sagte Außenamtssprecher Geng Shuang am Donnerstag in Peking. Eine Lösung des Konflikts müsse mit "Verhandlung und Dialog" erreicht werden. Ein militärisches Eingreifen sei keine Option. Im Einklang mit bisherigen Uno-Sanktionen hatte China seine Öllieferungen an Nordkorea im Oktober beschränkt, aber nicht komplett eingestellt.

Trump kritisierte Russland und China für ihre Ablehnung via Twitter und bezeichnete dabei Nordkoreas Machthaber Kim Yong-un als "Kleinen Raketenmann"

Sanktionen wirkungslos

Auch Russland sprach sich gegen einen Stopp der Öllieferungen aus. "Wir stehen dem ablehnend gegenüber", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in Minsk. Moskau habe schon mehrmals betont, dass der Druck durch Sanktionen keine Wirkung zeige. Die Haltung der USA könne Pjöngjang sogar zu dem jüngsten Raketenstart provoziert haben. "Es scheint, als ob alles mit der Absicht gemacht wurde, damit (der nordkoreanische Machthaber) Kim Jong-un ausrastet und eine weitere verzweifelte Tat unternimmt", sagte Lawrow der Agentur Tass zufolge.

Es war Nordkoreas 19. Raketentest in diesem Jahr; im September hatte das Land zudem zum sechsten Mal einen Atomtest unternommen. "Dieser Start ist absolut inakzeptabel", sagte Japans Uno-Botschafter Koro Bessho im Sicherheitsrat. "Wir haben Glück, dass niemand verletzt wurde." Die Rakete stürzte ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer). Die Hwasong-15 war laut den Angaben Nordkoreas 4.475 Kilometer in die Höhe und 950 Kilometer weit in Richtung Osten geflogen.

Neuer Raketentyp

Das südkoreanische Militär hält es für denkbar, dass das tatsächlich ein neuer Raketentyp gewesen sein könnte. Das sagte ein Sprecher des Generalstabs laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap. Demnach gibt es Unterschiede zum Vorgängertyp Hwasong-14, den Nordkorea im Juli getestet hatte. Experten zweifelten bisher, ob Nordkorea in der Lage ist, einen so kleinen Atomsprengkopf zu fertigen, dass er auf eine Rakete passt.

Experten bescheinigten Nordkorea nach der Auswertung von Fotos und Videoaufnahmen deutliche Fortschritte. "Das ist eine sehr große Rakete", erklärte Michael Duitsman von dem Center for Nonproliferation Studies. "Nur wenige Staaten können Raketen dieser Größe bauen, und Nordkorea ist gerade Mitglied in diesem Klub geworden." Joseph Bermudez von 38 North sprach von einem "methodischen und pragmatischen" Vorgehen Nordkoreas bei seinem Raketenprogramm. (APA, 30.11.2017)