Linz – Rund 30 Asylwerbende in Lehre haben in den letzten Monaten allein in Oberösterreich einen negativen Asylbescheid bekommen. Ein Faktum, das man so nicht länger hinnehmen will. Auf Initiative von Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) wurde nun – mit breiter Unterstützung von NGOs, etlichen Gemeinden und Wirtschaftsbetrieben – die Onlinepetition Ausbildung statt Abschiebung ins Leben gerufen.

"Die Negativbescheide, teils sogar Abschiebungen, von Menschen, die schon mitten in unserer Gesellschaft angekommen sind, von denen auch unsere Wirtschaft im Bereich der Lehrlingsmangelstellen profitiert, nehmen zu. Menschen direkt vom Lehrplatz in die Schubhaft zu bringen ist für viele völlig unverständlich", kritisiert Anschober. Mit der bundesweiten Initiative wolle man nun "Druck machen" auf die kommende Bundesregierung, "um Sicherheit für unsere Lehrlinge zu erreichen". Anschober: "Die Situation ist politisch und rechtlich leicht zu lösen – vorausgesetzt, der Wille ist vorhanden."

Neues Dach über dem Kopf

Der Handlungsbedarf wird auch durch den jüngsten Fall in Oberösterreich deutlich. In der kleinen Mühlviertler Ortschaft Pabneukirchen kämpft man derzeit in kommunaler Geschlossenheit für den Verbleib eines Lehrlings mit Fluchtgeschichte. Shafiqulla Shinwari flüchtete vor gut drei Jahren aus Afghanistan und hat im Mühlviertel seine neue Heimat gefunden. Der 23-Jährige lebt nicht nur in Pabneukirchen, sondern hat auch bei der örtlichen Dachdeckerei mit einer Lehrstelle die Chance auf eine berufliche Zukunft bekommen. Vergangenen Dienstag wurde das neue Glück mit einem negativen Asylbescheid schmerzlich getrübt.

Taliban-Brief

"Shaffi arbeitet seit September 2016 als Lehrling im Betrieb. Er ist ein sehr zuverlässiger und gewissenhafter Lehrling, wie man ihn sich als Arbeitgeber nur wünschen kann", erzählt Firmenchefin Silvia Hochstöger. Die erste Klasse Berufsschule habe der junge Flüchtling "mit Bravour" gemeistert. Hochstöger: "Was nur auf seinen unglaublichen Ehrgeiz und sein Durchhaltevermögen zurückzuführen ist – umso bemerkenswerter, als er in seinem Heimatland nur wenige Jahre die Koranschule besucht hat."

Shafiqulla Shinwari erzählt, er könne derzeit "vor lauter Angst kaum schlafen". Die Sorgen sind wahrlich nicht unbegründet. In Händen hält der 23-Jährige einen Brief von den Taliban, in dem wortwörtlich steht, dass er im Falle der "Mitarbeitsverweigerung" bei den Taliban von diesen getötet würde. Hochstöger: "Das Bundesamt für Asyl- und Fremdenwesen hat laut Bescheid vom 24. November 2017 dennoch nicht feststellen können, dass er im Falle einer Rückkehr von den Taliban bedroht werde."

Eingriff in die Persönlichkeitsrechte

In den Protest vor Ort reihen sich auch zahlreiche andere NGOs aus Oberösterreich ein. Für Gunther Trübswasser, Vorsitzender des Vereins SOS Menschenrechte, ist Ausbildung ein klassisches Grundrecht: "Und eine Abschiebung während der Lehrzeit daher ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte." Der ehemalige grüne Klubobmann bleibt aber trotzdem optimistisch: "Pabneukirchen hat schon vor zehn Jahren erfolgreich für eine Flüchtlingsfamilie gekämpft. Das ist ein Widerstandsnest." (Markus Rohrhofer, 1.12.2017)