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Ein glücklicher Kriechmayr.

Foto: AP/John Locher

Beaver Creek (Colorado) – Auf den Tag genau zwölf Jahre nach Hannes Reichelts erstem Weltcupsieg in Beaver Creek hat auch Vincent Kriechmayr in Colorado erstmals zugeschlagen. Einer der Besiegten im Super-G war dabei an einem 1. Dezember Reichelt auf Platz drei. "Ich hoffe, ich kann Hannes in der Abfahrt wieder schlagen, dann wird es wieder ein gutes Resultat", sagte Kriechmayr nach seinem Premierensieg lachend.

Kriechmayr begleitet seine launigen Kommentare meist mit einem Lachen und ist um keine Antwort verlegen. Am Freitag avancierte er auf dem Berg, auf dem er 2013 seine ersten Weltcup-Punkte geholt hat, vom Geheimfavoriten zum Premierensieger und toppte in Beaver Creek die davor schon guten Leistungen von Österreichs wiedererstarkter Herren-Speed-Truppe. Fünf Podestplätze nach nur drei Rennen sprachen eine deutliche Sprache und für die Handschrift von Neo-Coach Sepp Brunner.

Überfällig

Aber auch Kriechmayr selbst musste etwas umkrempeln, um zum "überfälligen" ersten Sieg zu rasen. Nämlich seine verbissene Fahrweise. "Jetzt fahre ich es locker von der Hand", erzählte er in Colorado.

Die Ruhe und damit das Selbstbewusstsein dafür holt er sich hauptsächlich bei den Heimaufenthalten auf der elterlichen Landwirtschaft, wo er öfters den "Knecht" gibt. In Gramastetten bei Linz stehen an die 70 Charolais-Rinder im Stall.

Kriechmayr hat eine Schwester, Jacoba, eine Freeriderin, und einen Zwillingsbruder namens Rafael. Die Vornamen der Söhne sind kein Zufall. Mama Gertrudis hat Kunstgeschichte studiert und bei der Namensgebung bei berühmten Malern Anleihe genommen.

Dass die Mutter aus Belgien und damit einem Benelux-Land kommt, schafft eine Gemeinsamkeit zu Marcel Hirscher. Dessen Mutter ist Niederländerin und kam ebenfalls über die Skilehrerei des Vaters nach Österreich. Kriechmayr hat aber keine Ambitionen, für Belgien zu starten. "Ich bin zu hundert Prozent Oberösterreicher", betonte der Mühlviertler.

Plus

Kriechmayr hat im Skirennsport noch ein aktuelles Plus auf seiner Seite. "Ich bin immer gut, wenn es ruppig und eisig ist", sagte er und erklärte: "Ich habe den Vorteil, dass ich mich noch nie verletzt habe. Viele Kollegen fahren schon mit Problemen am Kreuz oder im Knie. Wenn man sich wie ich nie verletzt hat, kann man etwas entschlossener an die Sache herangehen. Ich tu' mir sicher leichter wie andere, wenn es unterm Ski schlägt."

Nur das lange Warten im Ziel sei noch eine ungewohnte Übung für ihn gewesen, gestand Kriechmayr. "Mit Startnummer drei war es natürlich schwierig einzuschätzen, ob das jetzt gut genug war. Nach Jansrud wusste ich zumindest, dass es für ein Podium reicht."

Zwölf Jahre nach Reichelt hier erstmals zu gewinnen, sei jedenfalls besonders. "Vor allem, weil auch Hannes damals auf Fischer gefahren ist. Offenbar sind die Ski hier schnell."

Kleine Feier

Trotz der Abfahrt 24 Stunden später ließ sich Kriechmayr eine kurze Feier nicht nehmen. Dass er von einer besseren Sicht profitiert habe, gab er unumwunden zu. "Der Wettergott war diesmal bei mir. Aber ich hatte eine wirklich sehr gute Fahrt, vor allem im oberen Teil. Da hat ein kleiner Fehler im Finish nicht mehr viel ausgemacht."

Für Lacher sorgte der Österreicher auch bei der Pressekonferenz auf die Frage, wie viele Text-Nachrichten oder Anrufe er schon bekommen habe. "Keine Ahnung, das Telefon liegt am Zimmer", erwiderte Kriechmayr. "Ich bin hier zum Skifahren und nicht zum Telefonieren."

Viel Lob kam auch von Cheftrainer Andreas Puelacher. "Wir wussten ja, dass wir dabei sind. Und es ist besonders schön für Vinz. Er hat es vor allem oben sensationell getroffen", sagte der Rennsportleiter. "Jetzt fährt er sicher auch in der Abfahrt befreit drauflos."

Das sah auch Kriechmayr so. "Beaver Creek, das ist eine Abfahrt, die mir etwas mehr entgegenkommt", meinte er in der Hoffnung auf ein gutes Ergebnis auch am Samstag.

Ob er sich in der besten Form seines Lebens befinde, beantwortet er so. "Ich bin sehr gut drauf. Sicher besser als zuvor und vor allem in der Abfahrt." (APA, 2.12.2017)