Anatol (A. Patton) und Annie (M. Spitzer) beim Abschiedssouper.

Foto: Norbert Artner

Linz – Arthur Schnitzlers Anatol wird in den Linzer Kammerspielen in zweieinviertel Stunden ohne Pause gegeben. Die Bühne (Marie-Luise Lichtenthal) wird mit transparenten Wänden viergeteilt. Durch sie wandeln die Spieler zwischen leeren Flaschen, vollen Aschenbechern und den losen Episoden in der Anordnung und Fassung von Regisseurin Susanne Lietzow. Bereits der Dichter selbst war mit sich ja über die Reihenfolge der Szenen im Unreinen. Nicht besser geht es Anatol mit der Damenwelt.

Zweifeln und Schwärmen

Aus Anlass selbiger ist das Bouquet von Einaktern ein wechselweises Zweifeln, Pantscherln, Schwärmen und Klagen und Austauschen von Bonmots. Für Martina Spitzer ist es auch ein ihr nicht anzumerkender Stress – allein schlüpft sie in die acht Damenrollen und u. a. ein Tutu. Als Ballerina mit mehr Appetit als Grazie ist sie der Höhepunkt. Sogar bei Tisch sitzend stellt sie die Füße auf die Zehen, spreizt die Glieder. Obwohl das immer schwieriger wird: Der Abschied von Anatol fällt ihr leichter als der vom Champagner, aber die wahre Liebe wartet eben anderswo.

Als herbe Berta, an der Anatol sich die Zähne ausbeißt, hat sie den Abend mit herausgedrückten Sätzen begonnen. man war beunruhigt. Sie gewinnt ihn aber gleich darauf, ob als erkaltete Arztgattin oder als süßes Mädel mit übergroßen Glubschaugen. Sie kann überzeugend an ihrem Rock herumnesteln, rachsüchtig und melancholisch sein.

Kuriose Details

Kuriose Details sind szenisch wirksames Plus der beschaulich-heiteren Inszenierung. Die Hypnose? Verblüfft! Christian Taubenheim als Max trägt zuweilen Pumps und Ohrringe – macht Sinn, vermittelt er für Anatol doch zwischen männlicher und weiblicher Sicht. Anatol nimmt keinerlei Notiz von der Inkosistenz seines Freundes. Auch ein schreiendes Lachen gehört zu dessen Repertoire. Ebenso zwischen den Geschlechtern springt Gilbert Handlers Gesang zu Mozart, Puccini und Verdi in nie gehörter Weise.

Anatol ist kein so toller Hecht, wie er sich weismachen will. Andreas Patton in der Titelrolle steckt Rückschläge im Hamsterrad der Begierden wohl mit Zweifel weg. Zu schwer wiegt zwischen Sitzgarnituren, einem riesigen Gummibaum und einem Schminktisch aber nichts. (wurm, 3.12.2017)