Erwin sitzt auf der Bank: Unabhängigkeit ist das höchste Gut des Projekts, zu sehen im ORF-Dokfilm "Das Haus der Solidarität" von Andreas Pichler.

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Frag nicht, was dein Staat für dich tun kann, sondern frag lieber, was du für deinen Staat tun kannst, lautete einst der markige Sager von US-Präsident John F. Kennedy. Und manchmal ist es wirklich besser, nicht auf den Staat zu warten, sondern sein Ding zu machen.

Zum Beispiel in Brixen. Dort hat eine Gruppe ehemaliger Entwicklungshelfer vor zehn Jahren ein karitatives Projekt gestartet, das aus der Bahn geworfenen Menschen eine sichere Bleibe ist. Das Haus der Solidarität heißt auch Andreas Pichlers Film, der sich diesem Gemeinschaftsunternehmen widmet und der am Sonntag in der "Dok"-Filmreihe des ORF zu sehen war.

Dass das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Nationen und mit unterschiedlich schweren Lebensbürden (ehemalige Suchtkranke, Menschen mit Flucht- oder Gewalterfahrung, Obdachlose etc.) zum Haareraufen ist, steht der Hausleitung ins Gesicht geschrieben. Noch dazu, wo derzeit ein Umzug vor der Tür steht. Man braucht eine dicke Haut und Unmengen von Menschenliebe, um mit dem Unbedanktsein zurechtzukommen. Die Neuankömmlinge erwarten schließlich immer Wunder, die nicht geliefert werden können.

Die Gesichter der Betreiber offenbaren aber auch noch etwas anderes. Aus der schonungslos eingeräumten Müdigkeit spricht auch Stolz. Denn entscheidend ist, dass das Haus seit Anbeginn ohne öffentliche Gelder arbeitet. Keiner der vier Angestellten muss ein dem öffentlichen Auftritt angemessen freundliches Gesicht machen.

Unabhängigkeit ist das höchste Gut des Projekts. "Dinge können immer rasch entschieden werden, keiner redet drein!", meint ein Mitarbeiter. Was für ein Segen! (Margarete Affenzeller, 3.12.2017)