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Großes Interesse in Brüssel.

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Wahlplakate der Liste "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat), deren Spitzenkandidat Puigdemont bei den Wahlen am 21. Dezember ist.

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Die mögliche Auslieferung des katalanischen Ex-Regierungspräsidenten Carles Puigdemont an Spanien beschäftigte am Montag erneut ein Untersuchungsgericht in Belgien. Die belgische Justiz gab bekannt, am 14. Dezember erstinstanzlich darüber entscheiden zu wollen.

Spanien hat bereits Anfang November europäische Haftbefehle gegen Puigdemont und vier Minister der katalanischen Regionalregierung erlassen. Den Beschuldigten werden im Zusammenhang mit der Unabhängigkeitserklärung Kataloniens unter anderem Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Mittel vorgeworfen. Für Rebellion kann es nach spanischem Recht eine Höchststrafe von 30 Jahren geben.

Keine "Katalogtaten"

Der Straftatbestand Rebellion steht allerdings nicht in dem Katalog von über 30 Deliktgruppen, bei denen die Prüfung des Ausliefererstaates entfällt. Das heißt: Belgien muss zuerst prüfen, ob eine aus spanischer Sicht verfassungswidrige Sezessionserklärung einer Region auch nach belgischem Recht strafbar wäre. Und hier kommt es nicht nur auf den Wortlaut der Gesetze an, sondern auch auf die gelebte Rechtspraxis. Und so eine Überprüfung kann dauern.

Nun ist allerdings Rebellion nicht der einzige Vorwurf gegen die fünf Katalanen. Der Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Mittel könnte bei einer Begründung für die Auslieferung für sich allein stehen.

Die vorsätzliche Ausgabe öffentlicher Mittel für ein vom Verfassungsgericht untersagtes Referendum dürfte wohl in allen EU-Staaten ein Pendant in den Gesetzestexten oder der Rechtspraxis haben. Belgien könnte also allein auf Basis dieses Vorwurfes einer Auslieferung zustimmen.

Entscheidung nach Weihnachten möglich

Puigdemont und seine Exminister müssten aber auch dann noch nicht sofort überstellt werden. Gegen eine wie immer geartete Entscheidung können sowohl die spanischen Behörden als auch die Anwälte der Beschuldigten Berufung einlegen. Vor den katalonischen Regionalwahlen am 21. Dezember wäre eine Entscheidung in diesem Fall unwahrscheinlich. Puigdemont tritt als Spitzenkandidat seiner Liste Gemeinsam für Katalonien (JxCat) an. Solange er nicht rechtskräftig verurteilt ist, ist das auch möglich.

Der finale Beschluss über die Auslieferung könnte sich deshalb bis nach der Wahl in Katalonien hinziehen. Jeder Europäische Haftbefehl, also auch einer, der sich "nur" auf die Unterschlagung öffentlicher Gelder stützt, müsste im Regelfall aber binnen 60 Tagen vollstreckt werden.

Puigdemont: "Unfairer Prozess"

Puigdemont behauptet gegenüber den belgischen Behörden, in Spanien erwarte ihn keine faire Beurteilung, ein Prozess gegen ihn würde auf alle Fälle politischen Charakter haben. Ein Argument, das für die belgischen Behörden in ihrer Entscheidung zur Auslieferung aber nicht relevant ist. Der Europäische Haftbefehl basiert auf der Grundannahme, dass der "Vollstreckungsmitgliedstaat" auf die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens im "Ausstellungsmitgliedstaat" vertraut.

Wird das angezweifelt, müssten sich Puigdemonts Anwälte wohl an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden. Sie könnten sich auf Artikel 6 (Recht auf ein faires Verfahren) der Europäischen Menschenrechtskonvention beziehen, an die Spanien gebunden ist. (mhe, 4.12.2017)