SPD-Chef Martin Schulz gab am Montag bekannt, dass man mit der Union über eine Regierungsbildung sprechen wolle.

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Berlin – Der deutsche SPD-Chef Martin Schulz hat von der engeren Parteiführung grünes Licht für ergebnisoffene Gespräche über die Bildung einer Regierung bekommen. Das Präsidium habe am Montag einstimmig für eine Beschlussvorlage für Parteivorstand und Parteitag gestimmt, gab der Chef der zweitgrößten deutschen Partei am Montagnachmittag in Berlin bekannt. Der Parteitag der SPD müsse der Entscheidung am Donnerstag noch zustimmen, dann könne man in der kommenden Woche mit den Verhandlungen beginnen. Schulz selbst wird daran beteiligt sein, ebenso wie die Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer.

"Wir werden ausloten, ob und wie eine Regierungsbildung in Deutschland möglich ist", sagte Schulz. Es gebe keinen Automatismus oder eine Vorfestlegung auf eine große Koalition, eine Minderheitsregierung oder andere Formen der Kooperation. Das Ergebnis der Gespräche zwischen den Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD werde vom SPD-Parteivorstand voraussichtlich am 15. Dezember bewertet. Dieser werde eine Empfehlung aussprechen, wie es weitergehen solle.

Die Grenzen ausloten

Die SPD fühle sich "verpflichtet, in Gesprächen auszuloten, ob und in welcher Form die SPD eine neue Bundesregierung mittragen kann", hieß es schon zuvor. "Es gibt für uns keine Vorfestlegung und keinen Automatismus", unterstreicht die Parteiführung.

In einer Vorlage, die bereits vor der Pressekonferenz bekannt war, hieß es, der Parteivorstand werde das Ergebnis der zu führenden Gespräche auswerten und eine Empfehlung aussprechen, heißt es in der Vorlage weiter: "Sollte er sich für die Tolerierung einer Minderheitsregierung, für eine andere Form der Kooperation oder für die Bildung einer Regierungskoalition aussprechen, wird ein Parteikonvent über die Aufnahme von Verhandlungen entscheiden."

Zahlreiche Knackpunkte

Über die Beschlussvorlage beriet zu Mittag der Parteivorstand. Der am Donnerstag beginnende SPD-Parteitag soll der Vorlage dann ebenfalls zustimmen. Darin benennt die Parteiführung für die SPD "essenzielle" Punkte. Dazu gehörten eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung auf europäischer Ebene und die Einführung eines Systems europäischer Mindestlöhne. Die Vorlage sieht auch eine Stabilisierung des Rentenniveaus und die Einführung einer Bürgerversicherung im Gesundheitswesen vor. Höchste Einkommen sollen mit einem höheren Beitrag zur Finanzierung gemeinsamer Aufgaben herangezogen werden. Gefordert werden höhere Investitionen in Bildung, schnelles Internet, bessere Straßen und sozialer Wohnraum.

Nach dem schlechten Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl im Oktober hatte sich Schulz zunächst dezidiert für einen Gang der Sozialdemokraten in die Opposition ausgesprochen. Die Partei regiert seit 2013 in einer großen Koalition gemeinsam mit der Union. Doch nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen liegt eine mögliche Regierungsbeteiligung der SPD wieder auf dem Tisch. (APA, Reuters, 4.12.2017)