Wien – Traktorstrahlen in Form von Lasern, die kleine Objekte anziehen beziehungsweise halten können, sind längst nicht mehr Science-Fiction. Wie eine internationale Forschergruppe mit maßgeblicher österreichischer Beteiligung nun im Fachjournal "Nature Physics" berichtet, kann aber auch herkömmliche Wärmestrahlung (Schwarzkörperstrahlung) eine anziehende Wirkung auf einzelne Atome ausüben.

Trifft elektromagnetische Strahlung wie Licht auf ein Objekt, so wird dieses aufgrund des Strahlungsdrucks zunächst weggestoßen. Wie beim Billardspielen übertragen die einzelnen Lichtteilchen ihren Impuls teilweise auf das Ziel, womit die Richtung klar vorgegeben ist: weg von der Strahlungsquelle. Das bekannteste Beispiel dafür ist der Schweif eines Kometen, der sich immer auf der von der Sonne abgewandten Seite des Himmelskörpers befindet.

Internationale Kooperation

Unter bestimmten Umständen kann Strahlung jedoch auch anziehend auf einzelne Atome wirken – und zwar, wenn das elektrische Feld der Strahlung die Energieniveaus im Inneren des Atoms verschiebt und so dessen Gesamtenergie verringert. Dieses als Stark-Effekt bezeichnete Phänomen führt dazu, dass sich das Atom auf die Quelle der Strahlung zubewegt, um seine Energie noch weiter zu minimieren.

Das aktuelle Forschungsprojekt geht auf eine enge Zusammenarbeit zweier derzeit an ausländischen Universitäten tätigen österreichischen Erwin-Schrödinger-Stipendiaten zurück: Philipp Haslinger, der am Institut für Physik der Universität Berkeley in Kalifornien für die Experimente verantwortlich zeichnete und Matthias Sonnleitner, der an der Universität Glasgow die Theorie ausgearbeitet hat.

Gemeinsam mit weiteren Forschern der Universitäten Innsbruck und Berkeley gelang nun die Bestätigung, dass selbst im Fall herkömmlicher Wärmestrahlung die anziehende über die abstoßende Wirkung auf einzelne Atome dominieren kann. Der Effekt ist zwar äußerst schwach, hat Haslinger zufolge allerdings Einfluss auf die Messung von Naturkonstanten sowie auf Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Messung an Cäsium-Atomen

Sonnleitner und Kollegen haben dies bereits vor einigen Jahren an der Universität Innsbruck theoretisch vorhergesagt. Für die nun durchgeführte experimentelle Bestätigung bedurfte es jedoch eines besonders empfindlichen Messinstruments in Berkeley. "In den letzten Jahren konnten wir die Messgenauigkeit unseres Atominterferometers, das ursprünglich für die Erforschung Dunkler Energie konzipiert wurde, um einige Größenordnungen verbessern", so Haslinger, der auch Erstautor der aktuellen Studie ist. "Damit war es möglich, die Anziehungskraft der Wärmestrahlung zu messen, obwohl ihre Wirkung auf die Atome millionenfach schwächer ist als etwa die Erdanziehungskraft."

In ihren Experimenten gelang es den Physikern, den Einfluss eines bis zu 150 Grad Celsius heißen und einige Zentimeter großen Objekts auf die Bewegung frei fallender Cäsium-Atome zu messen. Da die Photonen, die von einem solchen Objekt abgestrahlt werden, zu wenig Energie aufweisen, um von einem einzelnen Atom effizient absorbiert zu werden, wird dabei kaum Strahlungsdruck aufgebaut. Dadurch überwiegt der ebenfalls sehr geringe Stark-Effekt und es kommt zu einer effektiven Anziehung zwischen dem heißen Objekt und den Atomen. (APA, 4.12.2017)