Derzeit ist eine Villa in Santa Barbara von US-Moderatorin Ellen DeGeneres um 45 Millionen Dollar zu haben.

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US-Schauspielerin Meg Ryan wird "Queen of the Flippers" genannt: Diese Loftwohnung in New York kaufte sie 2013 für acht Millionen Dollar, ließ sie dann nach eigenen Plänen umbauen und erweitern – und verkaufte sie vor kurzem um 9,85 Millionen Dollar.

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Ellen DeGeneres tut es schon lange, Diane Keaton und Jennifer Aniston auch. Die Rede ist von House-Flipping, also dem günstigen Ankauf von in die Jahre gekommenen Häusern, die dann aufgemotzt und mit Gewinn weiterverkauft werden.

Zumindest bei der Hollywood-Prominenz geht die Rechnung auf: Die amerikanische Moderatorin DeGeneres soll in den letzten Jahren mindestens zwölf Immobilien in Schuss gebracht und dann weiterverkauft haben, angeblich stets mit sattem Gewinn. Ein Anwesen in den Hollywood Hills hat sie mittlerweile sogar zwei Mal verkauft, erstmals 2007 nach einer Renovierung, 2014 kaufte sie die 370-Quadratmeter-Villa erneut, nur um sie 2016 mit mehr als einer Million Dollar Gewinn wieder zu verkaufen. DeGeneres verkauft ihre Villen stets fixfertig möbliert – und hat über ihre Erfahrungen mittlerweile sogar ein Buch geschrieben.

Vergrößern oder verkleinern

"Das House-Flipping ist eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Amerikanern", sagt der kalifornische Bauunternehmer Steve Cederquist. Er weiß, wovon er spricht: Seit seinem ersten erfolgreich im Jahr 1994 "geflippten" (auf Deutsch: "gedrehten") Haus hat er mit seinem Unternehmen laut eigenen Angaben 500 Häuser erfolgreich renoviert und weiterverkauft – und war damit drei Staffeln lang Fixbestandteil der Reality-TV-Serie "Flip or Flop". Die amerikanische Begeisterung für das Thema führt Cederquist darauf zurück, dass Amerikaner sehr mobil sind und oft umziehen, um sich – je nach aktueller Familiensituation – in ihrer Wohnsituation zu vergrößern oder wieder zu verkleinern.

Dass die Kunst des House-Flippings von selbsternannten Experten mittlerweile in hochpreisigen Seminaren unterrichtet wird, macht Cederquist nicht gerade glücklich: "Jeder, der einmal ein solches Seminar besucht hat, glaubt plötzlich, dass er ein Profi ist." Dabei steht viel auf dem Spiel. Denn im Gegensatz zu Hollywood-Promis bezahlen die meisten Menschen selbst ein arg renovierungsbedürftiges Haus nicht aus der Portokassa. Der Plan, das auf Vordermann gebrachte Haus mit Gewinn weiterzuverkaufen, gehe aber nur für die Hälfte von ihnen auf, schätzt Cederquist. Der Rest steigt ohne Gewinn oder sogar mit Verlust aus.

"Der größte Fehler ist nicht zu wissen, was man tut", sagt Cederquist. Oft werde am falschen Ort gespart und auf einen Sachverständigen verzichtet, der das Haus auf mögliche Mängel abklopft – und dabei unter Umständen auf durchaus Gravierendes stoßen kann: strukturelle Schäden am Haus zum Beispiel, die die Kosten unerwartet in die Höhe treiben können oder sich, im schlimmsten Fall, gar nicht reparieren lassen. In Kalifornien würden solche Schäden oftmals durch Erdbeben entstehen.

Anfängerfehler vermeiden

Anfängern rät Cederquist auch dazu, einen Bauprofi zur Besichtigung mitzubringen – und sämtliche geplanten Änderungen am Haus mit ihm oder ihr durchzugehen. Diese Kosten müssten dann zu dem vom Verkäufer verlangten Preis dazugerechnet werden. Obendrein müsse genau recherchiert werden, welche Preise für ähnliche Häuser in der Umgebung aktuell bezahlt werden. "Dann muss man sich überlegen, ob es überhaupt einen Profit geben kann", sagt Cederquist.

Auch auf Gebühren beim Verkauf darf bei der Berechnung nicht vergessen werden, Experten raten außerdem dazu, einen großzügigen Puffer miteinzuberechnen. Denn Überraschungen gibt es in fast allen Häusern: Cederquist erzählt beispielsweise von Ratten, Waschbären und "Insektenbefall jeder Art". Auch Drogensüchtige fand er schon im Keller von Häusern. "Und einmal, 2005 oder 2006, haben wir einen kürzlich Verstorbenen in einem leerstehenden Haus gefunden."

Was genau an den Häusern erneuert gehört, variiere stark: Fast immer muss neu ausgemalt werden, manchmal gehören auch die Böden, die Küche und das Bad neu gemacht. Ziel ist es, dem Haus ein neues, positiveres Image zu verpassen – und nicht sich als House-Flipper selbst zu verwirklichen. Wird das Haus nämlich zu individuell gestaltet, dann verkauft es sich nicht mehr, heißt es in diversen Onlineforen.

Hohe Nebenkosten

Aktuell "dreht" Cederquist mit seinem Unternehmen vier bis fünf Häuser pro Monat. Kalifornien sei aufgrund der hohen Immobilienpreise schwierig geworden – zumindest für jene, die nicht eine Million Dollar oder mehr in den Kauf eines Hauses investieren wollen. "Da muss man schon sehr genau wissen, was man macht, weil man sonst sehr schnell pleite ist." Derzeit kauft Cederquist stattdessen in Las Vegas, Reno und in anderen Teilen Nevadas Häuser. Für das kommende Jahr stehen Arizona, Idaho und Pennsylvania auf dem Plan.

Oftmals erfahre man durch Gerüchte oder Freunde von Freunden von passenden Immobilien. Manchmal klopft Cederquist aber auch selbst an, wenn das Haus von außen passt. "Ich frage dann: Wollen Sie Ihr Haus verkaufen? Ich gebe Ihnen Cash und kümmere mich um alles. In 15 Tagen können Sie draußen sein."

In Österreich ist das House-Flipping hingegen kaum verbreitet. "Es gibt natürlich immer wieder Menschen, die ein Schnäppchen machen, es sanieren und dann weiterverkaufen wollen", sagt David Breitwieser von EHL Immobilien. Aufgrund der großen Markttransparenz und der mit dem Kauf verbundenen Nebenkosten werde dieses Modell hierzulande aber nur von "sehr wenigen und meist professionell" betrieben. Eine Analyse von Immo United – das Unternehmen hat sich auf die Analyse von Grundbuchdaten spezialisiert – hat vor kurzem ergeben, dass der Anteil der raschen Weiterverkäufe in Österreich 2016 im Vergleich zu den Vorjahren sogar zurückgegangen ist.

Nächste Krise

In den USA probieren sich aktuell indes so viele am House-Flipping wie schon lange nicht. Die Situation sei mittlerweile ähnlich wie vor dem Platzen der Immobilienblase 2007, ist Cederquist überzeugt – und freut sich darüber: "Ich habe die Immobilienkrise geliebt. Denn wenn es wirtschaftlich schlecht läuft, gibt es mehr Häuser für mich." Bald schon könnte es wieder so weit sein: "Die nächste Krise kann jetzt jederzeit beginnen. Ein kleiner Mann könnte zum Beispiel eine Rakete abschießen oder ein großes Erdbeben Kalifornien erschüttern", so der Experte. Und er fügt hinzu: "Ich bin jedenfalls vorbereitet." (Franziska Zoidl, 25.12.2017)