Wer Frieden schließen will, das wissen Diplomaten, muss hehre Prinzipien über Bord werfen und unsaubere Kompromisse eingehen. Das war auch beim Karfreitagsabkommen der Fall: Nordirland blieb formal ein Teil des Vereinigten Königreichs, was die Protestanten forderten, aber mit einer offenen, unsichtbaren Grenze zur Republik Irland, was dem katholischen Wunsch nach Wiedervereinigung ein Stück entgegenkam.

Doch diese Lösung war nur innerhalb der EU möglich. Der Brexit zerstört diese konstruktive Zweideutigkeit. Wie sehr dieser Schritt den brüchigen Nordirland-Frieden gefährdet, wurde am Montag klar. Die Grenze kann nur offen bleiben, wenn Nordirland Teil der EU-Zollunion ist. Tritt Großbritannien aus, braucht Ulster einen Sonderstatus oder eine Außengrenze.

Beides ist für jeweils eine der beiden Konfliktparteien inakzeptabel. Deshalb reagierten die protestantischen Unionisten so empört auf Theresa Mays jüngste Zugeständnisse an die EU; dazu kommt, dass eine Sonderregelung Begehrlichkeiten in Schottland und Wales weckt und damit die Einheit des Königreichs gefährdet.

Für dieses Problem gibt es kein Patentrezept. Vielleicht finden London und Brüssel eine Formulierung, mit der die Statusfrage hinausgeschoben werden kann. Aber auch dann droht der Konflikt wieder aufzuflammen, möglicherweise auch mit Gewalt. Der Brexit – die dümmste politische Entscheidung des Jahrzehnts – kann in Nordirland auch Menschenleben kosten. (Eric Frey, 5.12.2017)