Moskau/Pyeongchang – Drei Jahre nach ersten Anschuldigungen, Enthüllungen und Vorwürfen über systematisches Doping, Manipulation und Betrug im russischen Sport hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Dienstag Russland von den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang ausgeschlossen. Nur nachweislich saubere russische Athleten dürfen unter der olympischen Flagge starten.

Die Chronik der Ereignisse

3. Dezember 2014: Der ARD-Dokumentarfilm "Geheimsache Doping – Wie Russland seine Sieger macht" enthüllt dank der Whistleblower Julia Stepanowa und Witali Stepanow, dass die Erfolge der russischen Leichtathleten offenbar Ergebnis von systematischem Doping, Vertuschung von Kontrollen und Korruption waren.

9. November 2015: Die unabhängige Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) um Richard Pound und Richard McLaren liefert in ihrem ersten Bericht Nachweise für umfassende Dopingpraktiken in der russischen Leichtathletik. Die Ermittlungskommission empfiehlt, Russland aus der IAAF auszuschließen und fünf Athletinnen, vier Trainer und einen Sportarzt auf Lebenszeit zu sperren. Außerdem solle das Dopingkontrolllabor in Moskau geschlossen und dessen mutmaßlich in Manipulationen verwickelte Direktor abgelöst werden.

10. November 2015: Die Wada entzieht dem Testlabor in Moskau mit sofortiger Wirkung die Akkreditierung.

13. November 2015: Der Leichtathletikweltverband (IAAF) suspendiert Russlands Verband. Kein russischer Sportler darf bei internationalen Veranstaltungen starten. Der Olympiabann für Rio droht.

12. Mai 2016: Gregori Rodschenkow, ehemals Chef des Moskauer Dopingkontrolllabors, spricht in der "New York Times" über ein staatliches Dopingsystem, das bei den Winterspielen in Sotschi 2014 maßgeblich zum Erfolg der Russen beigetragen haben soll. 15 russische Medaillengewinner sollen gedopt gewesen sein. US-Justiz, IOC und Wada nehmen Ermittlungen auf.

17. Juni 2016: Das IAAF-Council bestätigt in Wien die Sperre für die russischen Leichtathleten und damit den Olympia-Ausschluss in Rio. Nur einzelne Athleten könnten unter neutraler Flagge teilnehmen, sofern sie glaubhaft machen können, nicht ins Dopingsystem Russlands involviert zu sein.

18. Juli 2016: Im ersten Bericht von Wada-Chefermittler McLaren wird belegt, dass es eine Verwicklung auch des russischen Geheimdienstes FSB bei der Vertuschung von Dopingfällen bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi gab. Auslöser der Untersuchung waren die Vorwürfe von Gregori Rodschenkow, ehemaliger Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors. Er hatte Vertuschungspraktiken in seinem Labor zusammen mit der russischen Antidopingagentur (Rusada) enthüllt.

24. Juli 2016: Das IOC entscheidet, dass die russische Mannschaft trotz der Dopingvorwürfe nicht komplett von den Olympischen Sommerspielen in Rio ausgeschlossen wird. Das IOC überträgt den internationalen Sportverbänden die Entscheidung, welche russische Athleten antreten dürfen. Am Ende werden rund 280 Russen zugelassen.

7. August 2016: Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) schließt Russland im Gegensatz zum IOC komplett von den Sommerspielen in Rio de Janeiro im September aus.

19. Oktober 2016: Russlands umstrittener Sportminister Witali Mutko gibt sein Amt nach acht Jahren ab und wird Vizeregierungschef. Mutko bleibt aber Chef des nationalen Fußballverbands und Organisationschef der Fußball-WM 2018 in Russland.

24. Oktober 2016: Vizesportminister Juri Nagornych wird entlassen. Der Politiker gehört zu jenen Funktionären, denen ein Wada-Bericht eine direkte Beteiligung an russischem Staatsdoping vorwirft.

9. Dezember 2016: Laut dem zweiten McLaren-Bericht waren 2011 bis 2015 mehr als 1.000 russische Sportler Teil eines großangelegten staatlichen Dopingsystems. Es habe sich um eine "institutionelle Verschwörung" über mehrere Jahre und sportliche Großereignisse hinweg gehandelt. McLaren beweist außerdem, dass Dopingproben von insgesamt zwölf Medaillengewinnern der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 manipuliert worden sind.

23. Dezember 2016: Das IOC leitet wegen Dopingverdachts Verfahren gegen 28 russische Teilnehmer der Winterspiele 2014 ein. Zudem werden Nachkontrollen aller russischer Olympiateilnehmer von 2010 und 2014 angekündigt.

28. Dezember 2016: Rusada-Chefin Anna Anzeliowitsch gibt laut "New York Times" die Vertuschung systematischen Dopings in Russland zu. Kurz später erklärt sie, die Aussage sei so nicht gefallen beziehungsweise aus dem Zusammenhang gerissen worden.

29. März 2017: Die Wada fordert eine schnelle Entscheidung des IOC über eine Teilnahme Russlands an Olympia 2018.

26. April 2017: Der unabhängige Dopingermittler Richard McLaren fordert, dass endlich Konsequenzen aus den von ihm vorgelegten Berichten zu mutmaßlich systematischem Doping in Russland gezogen werden.

25. Juni 2017: In einem Bericht der englischen Zeitung "Mail on Sunday" werden Dopingverdächtigungen um Russlands Fußball-WM-Team 2014 geäußert. Der Weltverband Fifa bestätigt diesbezügliche Ermittlungen.

14. September 2017: Die führenden Nationalen Antidopingagenturen kritisieren das IOC wegen dessen inaktiver Haltung in der Russland-Frage scharf und fordern den Komplettausschluss Russlands von den Spielen 2018.

2. November 2017: IOC-Präsident Bach kritisiert Dopingverstöße von Sotschi 2014 als direkten Angriff auf die Integrität der Olympischen Spiele und des IOC.

16. November 2017: Die Wada prolongiert die Suspendierung der Rusada. Hauptgründe dafür seien die Nichtanerkennung der Ergebnisse der McLaren-Untersuchung, das Nichteingeständnis, ein flächendeckendes Dopingsystem betrieben zu haben, sowie der nicht gegebene Zugang zu weiteren Dopingproben im Moskauer Labor.

26. November 2017: Der Leichtathletikweltverband (IAAF) prolongiert die im November 2015 ausgesprochene Sperre russischer Leichtathleten für internationale Wettkämpfe.

28. November 2017: Die "New York Times" berichtet von Notizbüchern von Whistleblower Grigori Rodschenkow mit neuen und detaillierteren Einblicken in das russische Dopingnetzwerk. Darin soll auch die Verwicklung von Regierungsmitgliedern und russischen Olympia-Offiziellen beschrieben sein.

1. Dezember 2017: Bisher sind 25 Athleten wegen der bei Nachkontrollen von den Winterspielen 2014 festgestellten Dopingvergehen auf Lebenszeit von Olympiateilnahmen ausgeschlossen worden. Darunter befinden sich elf Medaillengewinner beziehungsweise fünf Olympiasieger.

5. Dezember 2017: Das Exekutivkomitee des IOC schloss Russlands Nationales Olympisches Komitee (ROC) von den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang aus. Lediglich nachweislich saubere russische Sportler dürfen unter IOC-Flagge an den Spielen teilnehmen. Zudem wurde der langjährige russische Sportminister und aktuelle Vizeregierungschef Witali Mutko lebenslang von Olympia ausgeschlossen. (APA, 5.12.2017)