Wien/Brüssel – Es muss zwar nicht alles anders werden in der Währungsunion. Aber alles soll einfacher, überschaubarer, parlamentarischer – sprich für den Bürger verständlicher, demokratischer – werden. Der Euro soll deutlich robuster abgesichert werden. Und er soll sozusagen auch ein "eigenes Gesicht" bekommen, nach innen wie auch in der globalen Wirkung nach außen – einen eigenen "EU-Finanzminister".

Das ist das Motto eines "Masterplans", den die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel präsentiert hat. Ziel ist es, bis Mitte 2019 eine deutliche legistische wie finanzielle Vertiefung der Eurozone zu erreichen, die den 19 Teilnehmerstaaten (von insgesamt 28 EU-Ländern) mehr wechselseitige Absicherung bringen soll.

Eine Änderung bisheriger EU-Verträge ist dabei nicht nötig, betonte Vizepräsident Valdis Dombrovskis bei einer Pressekonferenz mit Währungskommissar Pierre Moscovici. EU-Budgetkommissar Günther Oettinger erklärte dazu, es gehe vor allem darum, im EU-Budget vorzusorgen, um Maßnahmen zur Stärkung von Euroländern setzen zu können.

Neuer Juncker-Plan

Ein eigenes Eurobudget, wie es seit Monaten in der Debatte stand, aus dem man bei Problemen Staaten aushelfen könnte, braucht es laut Oettinger nicht. Dagegen gab es Widerstand vor allem jener Staaten, die den Einstieg in eine "Transferunion" im Euro befürchten. Ein solches Eurobudget hatte Kommissionschef Jean-Claude Juncker bei seiner Rede zur Lage der Union im September ins Spiel gebracht, was Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßte.

Abgesehen von dieser Korrektur folgte die Kommission jedoch weitgehend den Vorschlägen Junckers vor dem EU-Parlament damals. Das Konzept sieht vier größere Reformbereiche vor, deren Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament "schrittweise" erfolgen soll. Das Zieldatum "Mitte 2019" ergibt sich aus dem Umstand, dass im Mai dieses Jahres Europawahlen stattfinden und die wichtigsten EU-Institutionen neu besetzt werden.

Eigener EU-Währungsfonds

Die Initiativen im Einzelnen, erstens: Der 2010 auf rein zwischenstaatlicher Ebene geschaffene Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM) soll nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einem originären Europäischen Währungsfonds (EWF) umgestaltet werden. Der ESM spielte ab 2010 eine wichtige Rolle bei der Rettung von pleitegefährdeten Eurostaaten wie Griechenland. Er sorgt für die Finanzierung der Milliardenkredite in den Hilfsprogrammen. 80 Milliarden Euro haben die Eurostaaten, die den ESM kontrollieren, in bar hinterlegt. Der Rest wird zu günstigen Zinssätzen auf den Finanzmärkten eingesammelt.

Nach Vorstellung der Kommission soll der ESM in seiner Struktur unverändert bleiben, nationale Parlamente hätten bei der Kreditgewährung also weiterhin Mitspracherecht. Der Fonds soll aber auch bei der Bankenunion, deren Vollendung ebenfalls erwartet wird, als "letzter Kreditgeber" dienen.

Die zweite Säule der Eurovertiefung betrifft die strengen Regeln des Euro-Wachstums- und -Stabilitätspakts, die seit 2011 in vielen Einzelmaßnahmen ergänzt wurden. Der gesamte Inhalt dieser Regeln soll von den 25 EU-Staaten, die sie unterzeichnet haben, in den EU-Vertrag – Primär- wie Sekundärrecht – übergeführt werden, was mehr Übersicht schaffen und die Rolle des EU-Parlaments stärken würde. Ziel ist eine kohärente EU-Haushaltsaufsicht.

Finanzminister soll kommen

Mehr Demokratie verspricht sich die Kommission durch die Schaffung eines "EU-Finanzministers" ab 2019. Dieser soll einerseits Vizepräsident der EU-Kommission sein, würde also vom EU-Parlament nach einer Anhörung bestätigt werden.

Zum anderen soll das Amt des Chefs der Eurogruppe mit dem des EU-Finanzministers verschmolzen werden. EU-Kommissare sind dem Parlament gegenüber auskunftspflichtig. Die Eurogruppe ist bisher ein rein informelles Gremium der Eurofinanzminister unter ihrem designierten Chef Mário Centeno. Die Geheimniskrämerei könnte also eingedämmt werden.

Als vierte Initiative zur Stärkung der Eurozone schlägt die Kommission "neue Haushaltsinstrumente" vor, mit denen die Staaten zu mehr Strukturreformen angeregt werden können, oder für den Fall, dass deren Wirtschaft "asymmetrische Schocks" erleidet oder es um Bankensicherung geht. So soll ein Fonds für technische Unterstützung von 140 auf 300 Millionen aufgestockt werden.. (Thomas Mayer aus Brüssel, 7.12.2017)