Steinerne Zeugnisse einer der beeindruckendsten Wasserbauanlagen des Altertums.
Foto: PNAS

Washington/Wien – Eine der Voraussetzungen für das Entstehen einer Hochkultur ist ein halbwegs kontrollierter Umgang mit dem Wasser – sowohl in Form von Hochwasserschutz als auch zur Bewässerung der Felder. Entsprechend findet man im alten Ägypten, aber auch bei den Maya oder bei den alten Khmer in Angkor ausgedehnte Systeme von Dämmen, Deichen und Kanälen.

Hochkultur zu Ötzis Zeiten

Wie aber war das im alten China, wo ebenfalls frühe Hochkulturen entstanden? Dort sind Archäologen um Bin Liu fündig geworden und haben Reste einer Kultur freigelegt, die besonders früh über ein ausgeklügeltes und riesiges Bewässerungssystem verfügt haben dürfte. Konkret geht es um die Bauten der sogenannten Liangzhu-Kultur, die bereits vor 5.300 Jahren im Jangtse-Delta an der Südostküste Chinas entstand, also ziemlich genau zu Ötzis Zeiten.

Dämme und Kanäle

Die Herausforderung für die dort lebenden Menschen bestand darin, dass sie sich zum einen vor Überflutungen durch den Fluss und das Salzwasser des Meer schützen mussten. Zum anderen war das Regenwasser für die Landwirtschaft möglichst geschickt zu nutzen. Das machte sowohl riesige Dämme wie auch ein komplexes Kanalsystem nötig. Auf beides stießen die Archäologen bei mehr als 500 Bohrungen und etlichen Ausgrabungen, von denen sie im Fachblatt "PNAS" berichten.

Reste eines Sandsacks in einem der Dämme. Der Sack ist aus Gräsern geflochten.
Foto: PNAS

Die Forscher gehen davon aus, dass dieses System ab etwa 5.100 Jahre vor unserer Zeit als eines der ältesten und damals größten der Welt angelegt und ein knappes Jahrtausend genutzt wurde. Die Gesamtlänge der Kanäle, die auch als Wasserstraßen genützt wurden, betrug immerhin über 30 Kilometer.

Riesiges Wasserreservoir

Die beiden großen Wasserspeicher fassten bis zu 5.000 Millionen Kubikmeter Wasser. Damit konnte eine Fläche von insgesamt rund 10.000 Hektar bewässert bzw. "hydraulisch beeinflusst" werden, was wiederum die Versorgung von tausenden Menschen ermöglichte.

Ein T-förmiger Pier der beeindruckenden Anlage von Liangzhu.
Foto: PNAS

Letztlich musste sich die Liangzhu-Kultur dann aber doch den Gewalten der Natur und des Wassers beugen: Vor rund 4.200 Jahren dürfte es massive Überflutungen gegeben haben, denn fast das gesamte untersuchte Gebiet liegt unter einer ein Meter dicken Lehmschicht. Und das war der Grund dafür, warum die Stadt Liangzhu kurze Zeit nach dieser Katastrophe aufgegeben wurde. (tasch, 9.12.2017)