Die Botschaft ist werbewirksam. Raus in die Natur, rein in Abenteuer, die einem am Schreibtisch verwehrt bleiben, Träume in die Realität umsetzen, nicht im Computerspiel. Die buchstäblich plakative Verheißung wird dann in aller Regel ohnehin nicht umgesetzt, teils, weil man sein schönes, neues Mobil abseits befestigter Wege nicht zerkratzen, zerschinden will, teils, weil die Autos das gar nicht können, teils auch, weil die Dam- und Herrschaft am Volant das gar nicht beherrschen, sollte der Wagen es doch können (ja, viele können mehr, als man meinen möchte). Der Horizont des Berliners ist längst nicht so groß wie seine Stadt, lästerte einst Kurt Tucholsky – der Einsatzhorizont von Allradautos wäre ähnlich zu bewerten. Der von Lästermäulern für den SUV-Haupteinsatzzweck gefundene Euphemismus "Stadtgeländewagen" trifft den Sachverhalt recht gut.

Heimische Allradgeschichte: Puch G
Foto: Dorotheum

Warum also, warum kaufen die Leute nicht nur in Ländern, wo die Gstättn überwiegt, Nordamerika etwa oder Australien, Fahrzeuge, die die Motorleistung auf allen Vieren auf die Fahrbahn bringen? Das liegt einerseits am obigen Mythos des verwegenen Zeitgenossen, andererseits am SUV-Boom und dann aber auch ganz einfach am Traktions- und damit Sicherheitsplus, das mit 4 x 4 einhergeht. Auf Schnee, Matsch und Eis ist man mit einem Allradauto einfach um Welten souveräner unterwegs denn mit einem, das nur vorn oder hinten angetrieben wird. Und weil es sich heute meist um elektronisch zuschaltende Systeme mit überschaubarem Mehrgewicht handelt, hält sich der Mehrverbrauch in engen Grenzen.

Leiterrahmen und Heckspoiler

Bei Sportwagen, speziell Supersportwagen – absatzmäßig nur eine Marginalie –, wiederum ist das schlichtweg eine technische Notwendigkeit. Jüngstes Beispiel: BMW steigt mit dem M5 erstmals vom Hinterrad- auf Allradantrieb um, die nunmehr 600 PS des bulligen Business-Sportlers sind wohl endgültig nicht mehr anders zu derbändigen. Übrigens marginalisiert der SUV-Trend auch die andere Seite der Offroad-Medaille: Der Anteil der echten Geländewagen, mit Leiterwagenkonstruktion, mechanischen Sperren, Reduktionsgetriebe et cetera, wird zulasten der Geländewagenartigen immer geringer, relativ wie absolut.

Audi quattro. Urquattro.
Foto: Audi

Zur Veranschaulichung des Allradphänomens in Österreich werfen wir zuerst einen Blick zurück ins Jahr 1981. 1980 betrat Audis Urquattro die Bühne des Weltgeschehens, und obwohl Subaru schon fleißig Vorarbeit geleistet hatte, wurde damals die staunende Öffentlichkeit erstmals richtig darauf aufmerksam, dass Allrad auch abseits des Geländewagens ein Thema sein könnte, im Pkw-Bereich nämlich. Gerda Fischer von Statistik Austria hat uns freundlicherweise das Zahlenmaterial für 1981 ausgehoben, jenes Jahr, in dem der Urquattro greifbar wurde und deshalb als Markstein für den Allradtrend gilt. 1981 also. Damals wurden insgesamt 198.659 Pkw neu zugelassen.

Der Allrad-Audi kam auf bescheidene 54 Stück; eine Lawine fängt bekanntlich klein an. Subaru brachte damals immerhin 3209 Allradler unters Volk, den Rest bestritten die Geländewagen. Im Einzelnen bedeutet das, aufsteigend nach Stückzahlen: Steyr-Puch Pinzgauer neun Neuzulassungen, Jeep 24, Land Rover Defender 26, Daihatsu Pionier (F-10/F-20) 48, Range Rover 60, Toyota Land Cruiser 112, Nissan Patrol 142, Puch G 173, Lada Taiga 405, Suzuki LJ80 1204. Macht in Summe 2203 Allrad-Geländewagen, zuzüglich Subaru und Audi wären das 5466 von knapp 200.000 Gesamtneuzulassungen, jedes 36. Auto war damit eines mit 4WD. Heute, sprich: 2016, waren von 329.604 Pkw-Neuzulassungen 78.485 solche mit Allrad (23,8 Prozent), und in den ersten neuen Monaten 2017 sieht es so aus: 269.878 Neuzulassungen, davon 64.079 mit Allrad – erneut knapp ein Viertel. (Andreas Stockinger, 11.12.2017)

Betrachten wir die vier Kategorien, die sich für diesen Überlick herauskristallisiert haben, lauten die Top drei wie folgt: Bei Supersportwagen (Hochleistungsgerätschaft à la Aston Martin, Ferrari, Lamborghini, McLaren, AMG etc., die ausschließlich zu diesem Zweck konstruiert ist) und Top-Luxusmobilen (Bentley, Rolls-Royce) liegt ganz klar der Porsche 911 in Front, bei dem von insgesamt 264 verkauften Autos 179 solche mit Allrad waren.

Foto: Guido Gluschitsch

Auf die Plätze verwiesen, jedenfalls in verkaufstechnischer Hinsicht, finden sich Mercedes-AMG GT mit 49 Stück ...

Foto: Daimler

... und Lamborghini Huracán mit 21.

Foto: Guido Gluschitsch

Bei Hardcore-Geländewagen führt der Suzuki Jimny mit 609 Stück klar ...

Foto: Suzuki

... vor dem Jeep Wrangler (129), ...

Foto: Jeep

dem folgt wiederum mit Respektabstand der Toyota Landcruiser (49), welcher sich mit dem Mercedes G (48 Stück) – befindet sich wie der Jimny im letzten Modelljahr, kommt 2018 neu – ein hartes Rennen um den Stockerlplatz liefert, mal sehen, wie sich das zu Jahresende darstellt.

Foto: Toyota

Bei der Abteilung SUVs und Crossover handelt es sich wie bei den Fünftürern, Limousinen, Kombis und Vans um echte Zulassungsschwergewichte, anders als bei den beiden vorher aufgezählten. Und es liegen zwar klar die SUVs voran, aber doch nicht dramatisch. Von den Top-30-Allradlern, die von den erwähnten 64.079 Neuzulassungen ganze 40.070 ausmachen, entfallen 25.949 auf SUVs/Crossover, letztere kommen auf immerhin noch beachtliche 14.121.

Traditioneller Pkw-Bereich also: Skoda Octavia (2410) ...

Foto: Skoda

... vor BMW 5er (2012) ...

Foto: BMW

... vor Fiat Panda (1382). Mit insgesamt 7372 Neuzulassungen liegt der Octavia überhaupt auf Rang zwei (hinter dem Golf), mit 2410 Stück sind praktisch ein Drittel Allradler. Noch eklatanter zu 4 x 4 neigt sich die Waage beim 5er BMW, bei dem von insgesamt 2400, wie gesagt 2012, die Kraft auf allen vieren ausspielen. Bei Fiat sind von 2119 neu zugelassenen Pandas 1382 Allradler.

Foto: Fiat

Damit zur Boomkategorie schlechthin, den SUVs. Bei denen wird Allrad relevanter, je größer die Abmessungen des Fahrzeugs. Bei Kleinst- und Klein-SUVs, die derzeit den Markt überschwemmen, gibt es Allrad entweder überhaupt erst gar nicht (z. B. Peugeot 2008, Renault Captur, Seat Arona, Kia Stonic), oder er spielt nur eine untergeordnete Rolle als Verkaufsargument. Das erklärt sich dadurch, dass die Autos eben vorzüglich im urbanen Umfeld bewegt werden und als Nachfolger früherer Klein-Vans betrachtet werden, mit vergleichbarem praktischen Alltagsnutzen.

Und wie sieht's auf den Medaillenrängen aus? Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache. VW Tiguan (3216 von insgesamt 7192 Neuzulassungen sind Allradler; hinter dem Octavia Rang drei in der Gesamtzulassungsstatistik), ...

Foto: Volkswagen

... gefolgt von BMW X1 (2147 von insgesamt 3178; Rang 19) ...

Foto: BMW

und Mercedes GLC (1960), den es überhaupt nur mit Allrad gibt. Und jetzt? Auf zu neuen Abenteuern!

Foto: Daimler