Trump hielt nach seiner Rede ein Memorandum über die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels in die Kameras.

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Washington/Jerusalem – Die USA erkennen Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels an. Das teilte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch in einer Ansprache in Washington mit. Er bezeichnete das als einen "lange überfälligen Schritt", um den Friedensprozess im Nahen Osten voranzubringen. Trump wies das Außenministerium an, mit dem Prozess zur Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen.

"Dieser Prozess beginnt sofort", sagte Trump. Eine Zweistaatenlösung zur Beendigung des Nahost-Konflikts werde er unterstützen, wenn sie von beiden Konfliktparteien gewünscht wird.

Pressekonferenz von Donald Trump.
PBS NewsHour

Jerusalem wird auch von den Palästinensern als Hauptstadt eines möglichen künftigen Staates beansprucht. Der Ostteil der Stadt ist arabisch geprägt und wird vorwiegend von Arabern bewohnt.

Netanjahu: Entscheidung "historisch"

Die bereits zuvor von hochrangigen Regierungsvertretern angekündigte Entscheidung hat mit Ausnahme von Israel weltweit teils scharfen Protest hervorgerufen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu begrüßte die Entscheidung als "historisch". Das sei ein "historischer Tag", erklärte Netanjahu. Auch Israels Präsident Reuven Rivlin begrüßte die Anerkennung Jerusalems. "Es gibt kein passenderes oder schöneres Geschenk, jetzt, wo wir uns 70 Jahren Unabhängigkeit des Staates Israel nähern", sagte Rivlin am Mittwochabend. "Jerusalem ist nicht und wird niemals ein Hindernis für Frieden sein für die, die Frieden wollen."

Stellungnahme von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu.
PBS NewsHour

Vor allem die arabischen Nachbarn Israels reagierten empört. "Diese Maßnahme ist ein Schlag für die arabisch-amerikanischen Beziehungen und für die amerikanische Rolle als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis. Sie erschüttert das Vertrauen der Araber in die Neutralität der Amerikaner", sagte Ahmed Abu al-Ghait, Generalsekretär der Arabischen Liga.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Entscheidung scharf kritisiert. "Die amerikanische Regierung hat sich mit dieser Erklärung dazu entschlossen, alle internationalen und bilateralen Resolutionen und Vereinbarungen zu verletzen", sagte Abbas am Mittwoch in Ramallah. "Die Taten Amerikas stellen einen Rückzug von seiner Rolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses dar."

"Trumps Entscheidung (...) wird die historischen und geografischen Fakten nicht verändern", sagte indes Hamas-Chef Ismail Haniyeh. "Das palästinensische Volk weiß angemessen auf die Missachtung seiner Gefühle und Heiligtümer zu reagieren." Haniyeh hatte bereits vor der Entscheidung zu einem neuen Palästinenseraufstand aufgerufen.

UN-Generalsekretär António Guterres erklärte: "Es gibt keine Alternative zu einer Zweistaatenlösung, es gibt keinen Plan B."

Stellungnahme von UN-Generalsekretär António Guterres.
BBC News

Auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel übte Kritik an der Entscheidung: "Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht, weil der Status von Jerusalem im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln ist", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwochabend im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Erdoğan droht

Auch Papst Franziskus äußerte sich kritisch. Es sei "die Pflicht aller", den Status quo der Stadt zu respektieren: "Jerusalem ist eine einzigartige Stadt, heilig für Juden, Christen und Muslime (...) und hat eine besondere Berufung zum Frieden." Ein Sprecher des Kremls in Moskau äußerte sich besorgt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan drohte den USA offen: "Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime", sagte er. "Das kann so weit gehen, dass wir unsere diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrechen."

In der "ZiB 24" analysierte Politikwissenschafter Heinz Gärtner, wie gefährlich Trumps Entscheidung tatsächlich ist.
ORF

Mehrere Palästinensergruppen riefen aus Empörung über die Entscheidung zu drei "Tagen des Zorns" auf. In der Nähe von Bethlehem kam es zu einer Konfrontation zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. In Bethlehem selbst hatten Demonstranten schon am Dienstagabend Bilder von Trump verbrannt.

1967 erobert

Auch in Gaza zündeten am Mittwoch hunderte Demonstranten Trump-Bilder und US-Flaggen an.

Israel hatte den arabisch geprägten Ostteil der Stadt 1967 während des Sechstagekriegs erobert und später annektiert. Es beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser sehen in Ostjerusalem ihre eigene zukünftige Hauptstadt. (APA, red, 6.12.2017)