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Der Plenarsaal in Kioto am 11. Dezember 1997.

Foto: REUTERS/Toshiyuki Aizawa

Am 11. Dezember 1997 wurde das Kioto-Protokoll verabschiedet. Die Industriestaaten, die maßgeblich zum Klimawandel beigetragen haben, verpflichteten sich, ihre Treibhausgasemissionen bis 2012 um mindestens fünf Prozent zu reduzieren. Als Mitglied des EU-Verhandlungsteams war ich dabei, als Reduktionsverpflichtungen für Staaten, Rahmenbedingungen für den Emissionshandel und ein Mechanismus für umweltverträgliche Investitionen in Entwicklungsländern beschlossen wurden. Schon in Kioto war klar, dass dies nur ein erster Schritt sein kann und verbindliche Verpflichtungen für alle Staaten notwendig sind.

Nach zähen Verhandlungen ist das mit dem Abkommen von Paris gelungen, dessen Ziel es ist, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, wenn möglich auf 1,5 °C zu begrenzen. Dabei geht es um andere Dimensionen als beim Kioto-Protokoll. Es bedeutet Dekarbonisierung in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts und eine ökologisch und sozial verträgliche Transformation von Energiesystem und Gesellschaft.

Fortschritte in China und Indien

Trotz Reduktionsbemühungen sind die weltweiten Treibhausgasemissionen seit 1990 deutlich angestiegen. Erfreulicherweise wurde der Anstieg in den letzten Jahren geringer. Emissionen aus dem Energie- und Industriesektor blieben sogar seit 2014 stabil. Neue Technologien und politisches Handeln zeigen offenbar Wirkung. Beachtliche Fortschritte wurden unter anderem in China und Indien erzielt.

Österreich legte beim Kioto-Protokoll durchaus Ehrgeiz an den Tag und verpflichtete sich zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 13 Prozent bezogen auf 1990. Es war auch unter den ersten Ländern, die das Abkommen von Paris ratifiziert haben. Aber Absichtserklärungen alleine helfen nicht. Während EU und Industriestaaten insgesamt ihre Kioto-Reduktionsziele übererfüllt haben, hat Österreich sein Ziel weit verfehlt. Nach einem Anstieg von 18 Prozent bis 2005 lagen die Emissionen im Jahr 2012 nicht 13 Prozent unter dem Niveau von 1990, sondern sogar einige Prozente darüber.

Österreich auf Platz 45

Derzeit liegen die Emissionen ungefähr auf dem Niveau von 1990. Das heißt, seit Abschluss der Klimakonvention vor 25 Jahren wurden die Treibhausgasemissionen in Österreich nicht reduziert. Laut Climate Performance Index von German Watch, welcher die Klimapolitik von 58 Ländern untersucht, lag Österreich 2016 auf Platz 45, zwischen Weißrussland und der Ukraine. Seither gab es eine kleine Verbesserung, aber noch immer liegt Österreich im Ratingbereich "poor".

Im Abkommen von Paris hat die EU ein Reduktionsziel von 40 Prozent bis 2030 vorgelegt und bekennt sich im Sinn einer Dekarbonisierung zu einer Emissionsreduktion um 80-95 Prozent bis 2050. Das ist in 33 Jahren! Wie kann Österreich nach 25 Jahren Stillstand wieder den Anschluss gewinnen? Ein Blick ins Ausland hilft vielleicht. 25 Städte verpflichteten sich zur "CO2-Neutralität" bis 2050 und entwickeln umfassende Maßnahmenpakete. Dazu gehören London, Mailand, Paris, New York, Los Angeles, Buenos Aires, Rio de Janeiro, Mexiko und Accra. Initiativen wie diese prägen immer stärker das Bild der Klimakonferenzen und machen Mut. Auch Länder wie Frankreich oder Schweden leg- ten Dekarbonisierungspläne vor. Andere Länder, sogar einige US-Bundesstaaten, sind dabei, ihre derzeitigen Strategien zu schärfen und langfristige Ziele bis 2050 zu formulieren.

Klimaschutz als Chance

Bisher war die Klimadebatte in Österreich stark von Verlustängsten geprägt und wurde mit Verzicht auf Annehmlichkeiten, Einschränkung der persönlichen Freiheit und Schikanen für Autofahrer in Verbindung gebracht. Klimaschutz kann aber auch als Chance, als neue Form von Lebensqualität und Freiheit erkannt werden. Erneuerbare Energie bedeutet Unabhängigkeit von Preisschwankungen am Weltmarkt. In einem energieeffizienten Gebäude genießt man Behaglichkeit, ohne sich Sorgen um Heizkosten zu machen. Photovoltaikanlagen und die Sanierung von Althausbestand bringen Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Im Verkehr ist der Ausbau der E-Mobilität eine wichtige Maßnahme, aber nur eine von vielen. Wie wäre es, wenn die Mobilitätsbedürfnisse durch eine effiziente Kombination von öffentlichem Verkehr, Carsharing, Radwegen und selbstfahrenden Autos befriedigt werden, ohne Abgase und Lärm? Wenn Geschäfte wieder im Ortskern sind, Parkplätze zu Spielplätzen werden und Tourismusregionen für entspannten Urlaub ohne Auto sorgen? Dies sind keine Utopien. Man findet solche Angebote und Trends schon vielerorts. Es genügt oft, alte Gewohnheiten zu durchbrechen und einen Schritt in eine neue Richtung zu tun. Es braucht aber auch politischen Willen, rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen und Investitionen in zukunftstaugliche Infrastruktur.

Zeit, das Problem ernst zu nehmen

Wissenschafter warnen davor, dass die nächsten Jahre ausschlaggebend dafür sind, ob die Ziele von Paris sozial, ökologisch und wirtschaftlich verträglich erreicht werden. Es ist Zeit, dass Österreich das Problem ernst nimmt und die neue Regierung eine umfassende, weitsichtige Klimastrategie entwickelt. (Renate Christ, 10.12.2017)