Walter Meischberger setzt sich zur Wehr.

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Der große Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht ist rechtzeitig für den wohl spektakulärsten Prozess der vergangenen Jahre renoviert worden

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Wien – Bald wird man sagen können: Der Kampf der Anwälte der zentralen Buwog-Angeklagten gegen die Zuständigkeit von Richterin Marion Hohenecker hat bis zur letzten Minute gedauert. Der Anwalt von Exlobbyisten Walter Meischberger kündigt gleich für die erste Verhandlung am Dienstag einen Ablehnungsantrag gegen die Richterin an.

Er beruft sich, wie schon die Anwälte Karl-Heinz Grassers, auf Tweets von Hoheneckers Mann, Manfred, Strafrichter in Korneuburg. Der poste seit 2015 öffentlich eine "feindliche Haltung gegen die Hauptangeklagten, das ist in Hinblick auf die Erfordernisse eines fairen Verfahrens unvertretbar", meint Anwalt Jörg Zarbl.

Beitrag aus der ZiB um 7.00 Uhr: Buwog-Prozess: Uneinigkeit über Richterin
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Vorwurf: Üble Nachrede

Und: Er hat am Sonntag eine Privatanklage gegen Manfred Hohenecker eingebracht. Auch die bezieht sich auf Twitter-Nachrichten Manfred Hoheneckers. Der Anwalt wirft ihm üble Nachrede vor, dieses Delikt (§ 111 Strafgesetzbuch; StGB) wird nur auf Antrag des Betroffenen verfolgt.

Zudem erhebt er den Vorwurf, Hohenecker habe Meischberger eine "bereits abgetane gerichtlich strafbare Handlung vorgeworfen" (§ 113 StGB). Soll heißen: Manfred Hohenecker habe öffentlich eine lang zurückliegende Verurteilung Meischbergers erwähnt, die nicht mehr erwähnt werden darf. Richter Hohenecker war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Meischberger unbescholten

Konkret geht es um Twitter-Nachrichten von Februar 2015, in denen Manfred Hohenecker Meischberger einem Kreis "verurteilter Korruptionisten" zugezählt habe. Auf Nachfrage eines Tweet-Kollegen habe er geschrieben: "Walter Meischberger ist sehr wohl bereits verurteilt!" Tatsächlich sei Meischberger aber erst im April 2017 rechtskräftig wegen des Korruptionsvorwurfs in der Causa Buwog angeklagt worden, heißt es in der Anzeige. Es gebe zwar eine Verurteilung aus dem Jahr 1999, die sei aber getilgt, Meischberger daher unbescholten.

Wie berichtet haben die Anwälte Grassers diverse Tweets von Manfred Hohenecker schon Mitte voriger Woche zum Gegenstand eines Ablehnungsantrags von Marion Hohenecker gemacht. Sie argumentierten, die "tiefe Abneigung" ihres Mannes gegen Grasser färbe auf die Buwog-Richterin ab.

Mit Antrag abgeblitzt

Der Präsident des Straflandesgerichts Wien, Friedrich Forsthuber, hat den Antrag aber als "nicht gerechtfertigt" abgewiesen. Er verwies in seinem dem STANDARD vorliegenden Beschluss darauf, dass "nur zwei" der konkret kritisierten Tweets nach der Anklageerhebung gegen Grasser abgesetzt wurden und nur einer nach Rechtskräftigwerden der Anklage.

Und: Richterin Hohenecker habe nie den Eindruck erweckt, sich von der Meinung anderer "beeindrucken zu lassen". Es gebe "keine Hinweise, dass sie sich durch die Weltanschauung oder Verhaltensweisen ihres Ehegatten ... beeinflussen ließe". Auch der "spontane Besuch" ihres Mannes bei der Urteilsverkündung im Prozess gegen Peter Westenthaler, den Marion Hohenecker schuldig sprach, ändere daran nichts. Sie sei eine "selbstbewusste und selbstkritische Richterin" und sich ihrer hohen Verantwortung bewusst.

Die Richterin selbst hat in ihrer Stellungnahme zum Ablehnungsantrag u. a. so argumentiert: "Aufgrund einer allfälligen ideologischen Einstellung des Ehemannes kann und darf nicht automatisch auf die Meinung der Ehefrau – im Jahr 2017 – geschlossen werden." Sie habe die Tweets ihres Mannes auch gar nicht gekannt.

Objektiv (un)befangen

Der Kernsatz des Ablehnungsbeschlusses von Forsthuber, unjuristisch ausgedrückt: Auch objektive Beobachter würden aus dem "Fehlverhalten eines Richters" nicht auf eine Voreingenommenheit eines anderen (verwandten) Richters schließen, sofern sich dieser nicht damit identifiziert.

Das sieht Meischberger-Verteidiger Zarbl anders: In seinen Augen gibt es sehr wohl einen "öffentlich wahrnehmbaren Anschein der Befangenheit".

Bevor die Verhandlung startet, ist am Montagnachmittag aber sowieso noch der Oberste Gerichtshof (OGH) am Zug. Er fällt eine Entscheidung, mit der die Gerichtszuständigkeit für die Causa Buwog noch gekippt werden könnte. (Renate Graber, 11.12.2017)