Jena/Honolulu – Bis jetzt schien das Rätsel um die Verbreitungsgeschichte des Menschen relativ klar gelöst zu sein: Der moderne Homo sapiens entwickelte sich ursprünglich in Afrika, verließ den Kontinent zuerst Richtung Asien und erreichte vor 60.000 Jahren schließlich Australien. Das besagt die gängige "Out of Africa"- Theorie.

Aber die Wiege der Menschheit und die anknüpfenden Migrationsströme dürften doch nicht so klar sein wie bisher angenommen. Im Fachblatt "Science" veröffentlichten Forscher des Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Kooperation mit der University of Hawaii eine Überblicksstudie, basierend auf DNA-Analysen, Fossilienbestimmung und multidisziplinären Herangehensweisen. So konnten sie den Weg der menschlichen Vorfahren noch einmal nachverfolgen.

Eine Karte zeigt die postulierten Wege der menschlichen Ausbreitung in Asien während des späten Pleistozäns.
Foto: Katerina Douka and Michelle O'Reilly

Neue Wege und Kontakte

Die Ergebnisse zeigten dabei ein völlig neues Bild: Homo sapiens dürfte Australien und die entferntesten Teile Asiens schon früher erreicht haben. Funde aus Süd- und Zentralchina weisen auf eine erste Ausbreitung vor bereits 120.000 Jahren hin.

Ganz verwerfen wollen die Wissenschafter rund um Christopher Bae der University of Hawaii die herkömmliche "Out of Africa"-Theorie jedoch nicht. Den großen Migrationsschub vor 60.000 Jahren hätte es schon gegeben, jedoch dürften kleinere Gruppen schon viel früher aufgebrochen sein.

Kürzlich hatten Forscher gezeigt, dass sich frühe Vertreter des Homo sapiens schon vor mehr als 130.000 Jahren mit Neandertalern gekreuzt hatten. Auch dürfte es eine Vermischung mit den kürzlich entdeckten Denisova-Menschen gegeben haben. Die Forscher rund um Bae gehen sogar davon aus, dass alle Nicht-Afrikaner heute ein ein- bis vierprozentiges Neandertaler-Erbe haben. (krop, 17.12.2017)