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Der russische Präsident Wladimier Putin legte am Ende eines langen Reisetags noch kurzfristig einen Stopp in Ankara ein und traf dort Staatschef Tayyip Erdoğan.

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"Im Moment ist es eine taktische Allianz, keine strategische Annäherung", sagt Türkeikenner Jean Marcou zur Kooperation zwischen Moskau und Ankara.

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Ankara/Athen – Mit Donald Trump redet der türkische Präsident Tayyip Erdoğan in diesen Tagen nur noch indirekt in Kongresssälen und auf Stadtplätzen. Ein "Partner beim Blutvergießen" mit Israel seien die USA geworden, lässt er Trump nach der Anerkennung Jerusalems wissen. Der Name des US-Präsidenten wird nun ausradiert. In der Istanbuler U-Bahnstation Mecidiyeköy ist das Hinweisschild auf den Trump Tower gleich abgeschraubt worden. Mit Wladimir Putin aber hat sich der türkische Staatschef am Montagabend bereits zum dritten Mal innerhalb eines Monats getroffen. Der russische Präsident legte am Ende eines langen Reisetags von Moskau nach Syrien und Ägypten auf dem Rückflug noch kurzfristig einen Stopp in Ankara ein. Neue Partner haben viel zu besprechen.

"Die türkisch-russische Zusammenarbeit wird jeden Tag stärker", verkündete Erdoğan nach dem einstündigen Treffen im Präsidentenpalast im Beisein Putins. 30 Prozent Plus im Handel mit Russland in diesem Jahr führte der türkische Staatschef an und den Kauf der S-400, des modernsten russischen Raketen- und Flugabwehrsystems, der diese Woche noch finalisiert werde. Die Krise um die Anerkennung Jerusalems, die Donald Trump in der arabischen Welt losgetreten hat, gibt der russisch-türkischen Allianz zudem nun noch mehr Halt. Oder zumindest einen weiteren Anlass, gemeinsam Stellung gegen Washington zu beziehen. Doch Türkeikenner wie der französische Politikwissenschaftler Jean Marcou sind vorsichtig.

"Taktische Allianz"

"Im Moment ist es eine taktische Allianz, keine strategische Annäherung", sagt Marcou, Professor für Politikwissenschaften an der Universität von Grenoble und Forscher am Französischen Institut für Anatolische Studien in Istanbul. Marcou weist auf die Differenzen hin, die es zwischen Ankara und Moskau in Osteuropa, im Kaukasus und auch im Syrienkrieg gibt: Die Türkei erkennt die Annexion der Krim nicht an, Russland unterstützt das von der Türkei isolierte Armenien militärisch, in Syrien arbeitet auch Russland wie die USA mit der kurdischen Miliz YPG zusammen und ist zudem noch die wichtigste Stütze für das Regime von Bashar al-Assad.

"Man kann an der Langlebigkeit dieser Allianz zweifeln", stellt Marcou fest und blickt auf die Geschichte zurück. 14 Kriege habe Russland gegen das Osmanische Reich geführt. Die einzige Periode, in der das Verhältnis gut war, sei vielleicht jene der frühen Sowjetunion und Atatürks Republik gewesen.

Keine Alternative zur Nato

Die Mitgliedschaft in der Nato bleibe trotz aller Probleme die wichtigste Achse der türkischen Außenpolitik, sagt Marcou. "Die Türkei wird die Atlantische Allianz nicht verlassen, weil sie im Moment keine Alternative hat." Der Versuch einer Annäherung an die Shanghai-Gruppe habe keinen Erfolg gebracht. Und selbst wenn die Türkei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beitrete oder anderen eurasischen Organisationen, erhielte sie dort keine sicherheitspolitischen Abkommen, die mit denen der Nato vergleichbar wären. "Es ist wie mit der EU", sagt Jean Marcou: "Die Türkei bricht die Beziehungen nicht ab, sie hält an dem Bündnis fest und sagt sich doch gleichzeitig, sie hat die Mittel eine regionale Macht zu sein, die sich selbst genügt." (Markus Bernath, 12.12.2017)