Heidi Glück: "Schröcksnadel ist der Erste, der sagt, dass es beim Thema Missbrauch null Toleranz gibt."

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STANDARD: Sie haben den ÖSV nach dem Dopingskandal 2006 beraten, jetzt ist Peter Schröcksnadel erneut an Sie herangetreten. Wie verfahren ist der Karren?

Glück: Schröcksnadel tat sich schwer damit, keine Chance zur Aufklärung zu haben. Man kann den ÖSV nicht dafür verantwortlich machen, was in Schulen und Internaten passiert. Schröcksnadel ist, wenn etwas falsch läuft, immer der, der sofort dazuschaut, dass alles wieder richtig läuft, und der sich vor seine Leute stellt. Er hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. Aus diesem Impetus heraus waren die ersten Reaktionen auf den Fall Nicola Werdenigg und das Ultimatum an sie für viele Beobachter unverständlich. Das habe ich ihm auch gesagt.

STANDARD: Wo setzen Sie den Hebel an, was raten Sie dem ÖSV?

Glück: Es gibt zwei wesentliche Punkte. Der eine ist, dass der Verband eine rückhaltlose Aufklärung aller Missbrauchsfälle natürlich voll und ganz unterstützt – was er tut. Der zweite ist, dass alles dafür getan wird zu verhindern, dass künftig etwas vorfällt.

STANDARD: Konkret?

Glück: Es werden zwei vom ÖSV völlig unabhängige Einrichtungen mit sehr erfahrenen Experten hinzugezogen, die im Bereich Gewaltprävention über viel Kompetenz verfügen. Ich kann die Einrichtungen noch nicht nennen, aber Anfang 2018 soll die Kooperation beginnen, dann sollen Vorschläge und Ideen auf den Tisch kommen. Darüber hinaus soll es auch eine engere Zusammenarbeit des ÖSV mit den Landesverbänden sowie mit den Skifirmen geben, die die Serviceleute stellen.

STANDARD: Der ÖSV hat bereits die Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic hinzugezogen, bei der sich Betroffene melden können. Daran äußerte neben Nicola Werdenigg auch Toni Innauer Kritik, der von schlechter Optik sprach. Können Sie das nachvollziehen?

Glück: Die Kritik ist für mich unverständlich. Waltraud Klasnic hat ja nichts mit dem ÖSV zu tun, sie arbeitet komplett unabhängig.

STANDARD: Es gibt kaum Trainerinnen im ÖSV, im Vorstand und im Präsidium sitzt eine einzige Frau, Roswitha Stadlober, neben vielen Männern. Ist das zeitgemäß?

Glück: Auch auf dieser Schiene sollte sich etwas tun. Der ÖSV ist ein offener Verband, es ist ja auch schon einiges geschehen. Die Einsetzung einer Frauenbeauftragten war ein Signal, lange bevor Missbrauchsfälle öffentlich wurden. Die Sportlerinnen werden nur von Frauen massiert. Der Verband wird weitere Signale setzen, er will in die Zukunft schauen, will sich verbessern, wo er nur kann. Schröcksnadel ist der Erste, der sagt, dass es beim Thema Missbrauch null Toleranz gibt.

STANDARD: Schröcksnadel hat Werdenigg neben dem Ultimatum sogar eine Klage in den Raum gestellt. War das geschickt?

Glück: Da steckte, wie gesagt, nur der unbedingte Antrieb dahinter, seine Leute zu schützen, all diejenigen, die seit vielen Jahren ordentlich arbeiten. Schröcksnadel wollte dagegen ankämpfen, dass ein Generalverdacht entsteht.

STANDARD: Er ruderte dann in der "ZiB 2" zurück, verlangte aber für den Fall, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergebnislos bleiben sollten, immer noch eine Entschuldigung von Werdenigg.

Glück: Wenn bei den Ermittlungen nichts herauskommt, dann ist in meinen Augen alles aufgeklärt. Dann wird es auch keine Entschuldigung mehr brauchen. Dem ÖSV-Präsidenten ist es wichtiger, dass der ÖSV ein sauberer Verband ist, in jeder Hinsicht. Das war auch bei Turin so. (Fritz Neumann, 14.12.2017)