Wie die Momentaufnahme einer Performance: Luiza Margan hinterfragt den Symbolgehalt eines politischen Denkmals und setzt ihren eigenen Körper in Beziehung zu den monumentalen Dimensionen der Erinnerung.

Foto: Galerie Martin Janda

Das riesige Schaufenster der Galerie Martin Janda hätte sich für die Installation von Hannes Zebedin geradezu angeboten. Allerdings hätte die offene Konstruktion aus Mauerziegeln ja das Fenster ersetzt, was wohl nicht nur finanziell zu aufwändig, sondern auch für Wind, Wetter und Vandalen etwas zu einladend gewesen wäre.

Nun steht Zebedins Ziegelfenster #1 mitten im Raum, wodurch der Charakter eines Fensters leider verlorengeht. Die Geschichte dahinter allerdings bleibt: Der Künstler (geb. 1976) referiert mit dem Objekt auf ein altes Handwerk, das Wanderarbeiter aus dem Friaul vor allem in Kärnten, aber auch in anderen ländlichen Gebieten der Habsburgermonarchie realisierten. Die von ihnen gestalteten Ziegelgitterfenster zierten Scheunen und sorgten mit ihren Löchern nicht nur für Lichteinfall, sondern auch für die Belüftung des Heus.

Hannes Zebedin: "Ziegelfenster #1 (When Freedom Exists, There Will Be No State)", 2016

Ideal erdacht, nie realisiert

Zebedin bezieht sich auf diese Tradition des Fensterbaus, für den es hierzulande Mitte des 19. Jahrhunderts noch nicht die bautechnischen Voraussetzungen gab. Den Künstler interessiert der mit der Verbreitung des Handwerks im Alpen-Adria-Raum verbundene interkulturelle Wissenstransfer. Anders als die ursprünglichen Exemplare weist sein Ziegelfenster jedoch keine religiösen oder folkloristischen Motive auf, sondern buchstabiert die Vorstellung Lenins von einer idealen Welt: "When Freedom Exists, There Will Be No State".

So weit sind wir aber offensichtlich noch nicht: Chaux, so der Titel der Ausstellung, steht begrifflich für eine ideal erdachte, aber nie realisierte Stadt.

Auf das eine unumstößliche Ideal lässt sich Adrien Tirtiaux (geb. 1980) gar nicht ein, er macht stattdessen lieber Alternativvorschläge – etwa für den Kunstraum Artconnexion in Lille: Seine Serie Urban Matters besteht aus vier massiven Skulpturen. Es sind kleine Modelle des Kunsthauses, dessen Architektur der Künstler gewissermaßen dekonstruiert hat: Das rechteckige Gebäude hat Tirtiaux jeweils einmal in Beton gegossen, mit Holz konstruiert, in Ton modelliert und in Stein gehauen.

Luiza Margan: "Restaging Monument", 2014
Foto: Courtesy Galerie Martin Janda, Wien

Symbolgehalt von Monumenten

Luiza Margan (geb. 1983) interveniert mit ihren Fotocollagen wiederum in bereits bestehende (Denk-)Strukturen: Restaging Monument, eine Serie von neun Fotomontagen, wirft Fragen nach dem symbolischen Gehalt von Denkmälern auf. Ausgangspunkt ihrer Collagen waren historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Familienarchiv des kroatischen Bildhauers Vinko Matkovic.

Diese zeigen den Künstler bei der Arbeit an einer Skulpturengruppe, die Tito 1955 anlässlich der zehnjährigen Befreiung von der faschistischen Herrschaft in Margans Heimatstadt Rijeka errichten ließ. In ihren Fotocollagen untergräbt die Künstlerin deren Monumentalität und Pathos mit eigenen, zum Teil sehr witzigen Gesten und Posen: Zu sehen ist Margan etwa auf einer Leiter, mit der sie das riesige Baugerüst von Matkovic konterkariert. Auf Collagen dient ihr der eigene Körper als Maßstab für die riesenhaften Gliedmaßen. Sie holt zudem das Kraftmeierische vom Sockel herunter. Und zwar mit Posen, die Luiza Margan offenbar eher im Fitnessstudio als im Fach Staatsbürgerkunde eingeübt hat. (Christa Benzer, 16.12.2017)