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Alexej Uljukajew beteuerte stets seine Unschuld.

Foto: AP Photo/Ivan Sekretarev

Moskau/Wien – Vor gut einem Jahr noch residierte Alexej Uljukajew in einem monumentalen Palais an der Twerskaja-Jamskaja-Straße, einer der ersten Adressen in der Moskauer Innenstadt. Nun dürfte die Reise für den 61-Jährigen an einen weit weniger repräsentativen Ort gehen. Am Freitag verurteilte ein Moskauer Gericht den ehemaligen Wirtschaftsminister wegen Korruption zu acht Jahren Lagerhaft und umgerechnet zwei Millionen Euro Strafzahlung.

Er ist einer der prominentesten Politiker, die seit dem Untergang der Sowjetunion vor einem russischen Richter landeten. Noch nie in der Geschichte des modernen Russland war ein hochrangiger Minister wegen Bestechlichkeit verurteilt worden.

"Rachefeldzug"

Als Uljukajew schließlich in Handschellen gelegt und in einen Käfig im Gerichtssaal gesperrt wurde, endete ein drei Monate dauernder Prozess, den Kritiker als persönlichen Rachefeldzug gegen den als wirtschaftsliberal geltenden Ex-Minister betrachten.

Richterin Larissa Semjonowa hatte ihm vorgeworfen, dass er von dem mächtigen, teilstaatlichen Energiekonzern Rosneft umgerechnet 1,7 Millionen Euro Bestechungsgeld verlangt habe, damit er der Übernahme des Ölkonzerns Bachneft zustimmt. Tatsächlich hatte sich der Minister erst öffentlich gegen das Geschäft ausgesprochen, es dann aber doch noch abgesegnet. Bei einer fingierten Bargeldübernahme in der Rosneft-Zentrale wurde Uljukajew schließlich festgenommen und unter Hausarrest gestellt.

Hauptbelastungszeuge und Rosneft-Chef Igor Setschin – ein enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin und im Gegensatz zu Uljukajew ein wirtschaftspolitischer Hardliner – hatte zwar alle vier Vorladungen zum Prozess ignoriert, trotzdem folgte die Richterin weitgehend seinen Angaben.

Uljukajew selbst hatte die Vorwürfe stets bestritten. Er habe nicht gewusst, dass sich in dem Geschenkkorb, den er an jenem Abend in der Rosneft-Zentrale ausgehändigt bekam, neben Wurstprodukten auch Geld befand. Abgehörte Telefonate belegen, dass der Minister nur widerwillig und auf Drängen Setschins bei Rosneft erschienen war.

"Einschüchterung"

Allgemein war mit einer bedingten Strafe für den früheren Minister gerechnet worden. Dass die Richterin ihn nun mit einem Urteil nahe an der Forderung der Anklage belegt, wird von Beobachtern als Indiz dafür gewertet, dass sich das protektionistische Lager im Umfeld Putins kurz vor den Präsidentenwahlen im März 2018 durchgesetzt hat. Der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin nannte das Urteil schrecklich, der Oppositionelle Grigori Jawlinski sprach von einem "Akt der Einschüchterung". Uljukajews Anwälte kündigten an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. (flon, 15.12.2017)