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Seehofer (li.) und Söder (Mi.) betont kameradschaftlich: "Wenn wir zusammenhalten, zieht uns niemand die Lederhose aus."

Foto: Reuters/Dalder

War da was? Rivalität? Neid? Machtkampf? Es muss sich alles um einen großen Irrtum gehandelt haben. Den Eindruck zumindest erweckt Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, als er am zweiten Tag des CSU-Parteitages ein großes Lob ausspricht.

Es gilt dem bayerischen Finanzminister Markus Söder (CSU), der Seehofer im ersten Quartal 2018 als Regierungschef nachfolgen wird und der am Samstag vom Parteitag für die Landtagswahl 2018 nominiert wurde. "Die Zusammenarbeit war immer gut", sagt Seehofer über Söder. In all seinen Ämtern – als Umwelt- oder als Finanzminister – habe Söder "vorzügliche, bravouröse und fehlerfreie Arbeit für unseren Freistaat Bayern" abgeliefert, vor allem bei der Sanierung der bayerischen Landesbank.

"Er kann es, und er packt es", sagt der Alte über den Jungen und bekommt dafür viel Applaus – erst recht als er ein Versprechen abgibt: "Markus Söder kann sich auf meine Unterstützung total verlassen." Eigentlich hat Seehofer Söder immer verhindern wollen. Bestens in Erinnerung ist jene legendäre Weihnachtsfeier 2012, bei der er über Söder herzog, ihm "Schmutzeleien" vorwarf und dass er von "Ehrgeiz zerfressen" sei, zudem charakterliche Defizite habe.

Gemeinsam nach vorne

Doch Söder, der Franke aus Nürnberg, hatte sich über all die Jahre seine Machtbasis aufgebaut. Vor allem die Landtagsfraktion steht hinter ihm, sie ist überzeugt, mit Söder bei der Landtagswahl 2018 die absolute Mehrheit für die CSU halten zu können. Am Schluss hat Seehofer Söder nicht mehr verhindern können. Also lautet die Devise jetzt: Gemeinsam nach vorne. Denn, so Seehofer: "Wenn wir zusammenhalten, zieht uns niemand die Lederhose aus." Seehofer wie Söder haben ein gemeinsames Interesse: Die CSU muss bei den Sondierungen und danach den Koalitionsverhandlungen (wenn es denn zu solchen kommt) mit CDU und SPD ihre Interessen so gut durchsetzen, dass sich das auf die bayerische Landtagswahl im Herbst 2018 positiv auswirkt. Daher macht Seehofer auch noch klar, bei welchem Thema er als Verhandlungsführer der CSU nicht nachgeben wird: "Wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderung, damit die Integrationsfähigkeit unseres Landes gelingt."

Er setzt noch eine zweite Marke und sagt: "Der Soli muss weg, und dafür wird die CSU kämpfen." Auch die CDU will den Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent Aufschlag auf die Einkommen-, Kapital- und Körperschaftsteuer) abschaffen, die SPD ebenso. Aber die Sozialdemokraten treten dafür ein, zunächst nur Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen davon zu befreien. Die Sondierungen werden nach Silvester starten. Am Freitag haben sich die Sozialdemokraten für ergebnisoffene Gespräche ausgesprochen. Kanzlerin Angela Merkel zollt der SPD für diesen Schritt zwar Respekt, aber sie – ebenso wie die CSU – hat bereits ein Herzensanliegen der SPD abgeschmettert: Die Bürgerversicherung, in die alle Krankenversicherten einzahlen und die für alle die gleichen Leistungen bietet. Merkel: "Ich glaube nicht, dass das Gesundheitssystem dadurch besser wird, dass wir das einigermaßen funktionierende System der privaten Krankenkassen mit den gesetzlichen Krankenkassen zusammenlegen und dann hoffen, dass dann alles besser wird."

Sondierungen noch in weiter Ferne

Seehofer sieht das genauso. Doch an diesem Samstag sind die Sondierungen ja noch weit weg. Zunächst stellt sich Seehofer der Wiederwahl als Parteichef. Das Amt des Ministerpräsidenten gibt er zwar nach zehn Jahren ab, den CSU-Vorsitz aber wollte er (noch) nicht in jüngere Hände legen. Und auch er bekommt eine Empfehlung, nämlich von Söder. Der betritt die Bühne unmittelbar vor dem Wahlgang und sagt: "Ich schlage aus voller Überzeugung für die Wahl des Parteivorsitzenden Horst Seehofer vor." Dieser habe nicht nur jahrelang "ganz hervorragende Arbeit" für Bayern geleistet, sondern auch in den Jamaika-Sondierungen erreicht, dass die CSU-Pläne "fast eins zu eins" durchgesetzt wurden.

Auch Söder geht kurz auf das persönliche Verhältnis der beiden ein: "Es stimmt, da gab es spannende, nicht immer einfache Momente. Aber ich sage ausdrücklich: Ich habe viel von Dir gelernt. Du hast mich auch manchmal geprüft – aber immer zum Wohle Bayerns." Schließlich wird Seehofer mit 83,7 Prozent der Stimmen wieder zum Parteivorsitzenden gewählt. Es ist sein schlechtestes Ergebnis. 2015 erhielt er noch 87,2 Prozent – das bis dahin magerste Resultat. Doch Seehofer kann dennoch zufrieden sein. In der CSU hatte es zuvor geheißen, die Marke liege bei 80 Prozent. Bleibe Seehofer drunter, sei er auch als Parteichef angezählt. Und es gibt noch einen Trost: Martin Schulz hatte bei der Wahl zum SPD-Chef vor einer Woche weniger, nämlich 81,9 Prozent erhalten. (Birgit Baumann aus Nürnberg, 16.12.2017)