Vor der baskischen Küste wurde im Sommer ein neues Unterseekabel verlegt: es verbindet Spanien mit den USA.

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Die Atomtests Nordkoreas rufen – auch wegen EMP – auf der anderen Seite des Pazifiks Besorgnis hervor.

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Glitzernde Weihnachtsbäume, Season's Greetings vom anderen Ende der Welt und natürlich die Geschenke, die per Luftpost über den Ozean geliefert werden: Gerade in der vorgeblich stillsten Zeit des Jahres wird die Abhängigkeit der westlichen Volkswirtschaften von kritischer Infrastruktur wie Elektrizitäts- und Kommunikationsnetzwerken offensichtlich. Westliche Militärs warnen seit langem vor Angriffen – die längst nicht allein von Hackern am Bildschirm ausgeführt werden könnten.

"Es gibt ein neues Risiko für unseren Lebensstil", legte Stuart Peach, seines Zeichens Chef des britischen Verteidigungsstabs, vergangene Woche nach. "Und das ist die Verwundbarkeit der Kabel, die kreuz und quer auf dem Meeresgrund liegen." Peach ortete auch gleich einen möglichen Feind: Die russische Marine habe in den vergangenen Jahren ihre Fähigkeiten zu unkonventioneller Kriegsführung und Informationskriegen perfektioniert. "Gemeinsam mit unseren atlantischen Alliierten haben wir den Schutz der Kabel zu einer Priorität erklärt", sagte Peach in seiner jährlichen Rede im Londoner Royal United Services Institute.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Wie heikel die Materie ist, führen schon die schieren Zahlen vor Augen. 97 Prozent der weltweiten Kommunikation führen über die Unterwasserkabel, zehn Billionen US-Dollar werden über die Leitungen tief unter der Meeresoberfläche Tag für Tag transferiert. Seit 1858 das erste derartige Kabel unter dem Atlantik verlegt wurde, sind es Privatunternehmen und nicht der Staat, die sich um die Wartung kümmern. Für Militärs wie Peach ein unkalkulierbares Risiko.

Der konservative britische Parlamentarier Rishi Sunak zieht in seinem Text für den Thinktank Policy Exchange auch gleich einen zeithistorischen Vergleich: Einer der ersten Schritte zur Annexion der Krim durch Russland sei die Stilllegung der Kommunikationskabel zwischen der Halbinsel und dem ukrainischen Festland gewesen.

Blitz aus großer Höhe

Ein womöglich noch gefährlicheres Szenario droht jedoch durch Atomwaffen. Nordkorea, dessen Machthaber Kim Jong-un wiederholt mit einem atomaren Erstschlag gegen die USA und deren Verbündete gedroht hat, könnte mittels eines sogenannten Elektromagnetischen Pulses (EMP) die gesamte Stromversorgung Amerikas lahmlegen – und mit ihr etwa sämtliche Wasserinfrastruktur, Krankenhäuser und Verkehrsanlagen.

Was es dafür braucht, ist ein – meist nuklearer – Sprengsatz, der in großer Höhe detoniert. Zum Einsatz kam eine EMP-Waffe bisher nur einmal, und das nur zu Testzwecken. 1962 zündeten die USA in 380 Kilometern Höhe über dem Pazifik eine Atombombe mit einer Sprengkraft wie 1.450 Kilotonnen TNT. Als ungewolltes Resultat des "Starfish Prime"-Tests gingen auf Hawaii die Lichter aus.

Als schließlich das Kim-Regime Anfang September laut eigenen Angaben erfolgreich eine Wasserstoffbombe zündete, schrillten bei der zuständigen Kommission im US-Kongress die Alarmglocken. Bis zu 90 Prozent der US-Amerikaner könnten durch einen EMP-Angriff binnen eines Jahres sterben, so das Szenario. Etwa durch Verhungern, an Krankheiten oder wegen des Zusammenbruchs der Gesellschaft. Während hochrangige Militärs warnen, stellte Washington den Kampf gegen die Bedrohung durch EMP vorerst hintenan. Am 30. September schloss die "Commission to Assess the Threat to the United States from Electromagnetic Pulse" im Kongress nach 16 Jahren ihre Pforten. (flon, 18.12.2017)