Flüchtlinge im nordjordanischen Zaatari-Camp.

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Bezahlen im Supermarkt oder Geldabheben mit einem Blick in eine Kamera. Was man auf dem Campus eines Hightech-Unternehmens im Silicon Valley vermuten könnte, kommt seit einigen Jahren in Flüchtlingscamps zum Einsatz. In Jordanien und Nachbarländern wurden bislang rund 2,4 Millionen geflüchtete Menschen per Irisscan registriert. Das Vorgehen wird scharf kritisiert.

Effizienter als Fingerabdrücke

Durchgeführt werden die Scans vom britischen Unternehmen Irisguard, das seit 2013 mit der UNHCR zusammenarbeitet, wie die "Zeit" berichtet. Im Aufsichtssrat von Irisguard sitzen mehrere Ex-Mitglieder von Geheimdiensten. So etwa der ehemalige Direktor des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, Richard Dearlove, oder Frances Townsend. Sie war unter US-Präsident George W. Bush Beraterin für Innere Sicherheit und Terrorbekämpfung.

Täglich werden Tausende Personen an über 300 Registrierungsstationen vin Irisguard erfasst. Davor wurden die Geflüchteten per Fingerabdruck registriert. Doch dieser kann erst nach dem 13. Lebensjahr verwendet werden, argumentiert man beim Unternehmen. Anhand der Iris könnten Menschen aber auch im hohen Alter noch einwandfrei identifiziert werden. Zudem sei die Methode schneller und effizienter um Betrug zu verhindern.

Der Irisscan kommt zu verschiedenen Zwecken zum Einsatz. Die Flüchtlinge können in den Camps damit auch Bargeld abheben sowie in Supermärkten in- und außerhalb der Camps bezahlen. Letzteres wird über das Welternährungsprogramm mittels Blockchain-Technologie abgewickelt. So können die Einkäufe der Flüchtlinge überwacht werden. Dadurch kann beispielsweise schneller auf Engpässe bei bestimmten Waren reagiert werden, allerdings lassen sich auch die Ernährungsgewohnheiten kontrollieren. Irisguard erhält für jede Transaktion in Supermärkten oder bei Geldautomaten eine Gebühr von einem Prozent. Versteuert werden die Einkünfte auf den Kaiman-Inseln – um einfacher Investoren zu finden, so das Unternehmen.

Kritik

In europäischen Ländern wäre ein derartiges Vorgehen nicht ohne weiteres möglich. Das regelt auch die neue EU-Datenschutzgrundverordnung, die 2018 in Kraft tritt. Von der "Zeit" befragte Datenschützer und Flüchtlings-NGOs kritisieren daher, dass Flüchtlinge in Ländern mit wenig Regulierung zum massenhaften Testen biometrischer Systeme herhalten müssen, bevor diese in westlichen Ländern zum Einsatz kommen. Denn das Unternehmen will seine Irisscanner beispielsweise auch für Online-Banking in Laptops integrieren. Wie viele Daten die betroffenen Personen von sich Preis geben, dürfte ihnen trotz eines Dokuments, das sie unterschreiben müssen, nicht klar sein. Und wer sich weigert, der erhält laut Bericht auch keine Hilfe. (red, 18.12.2017)