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Finanzielle Engpässe gab es in der Alpine schon 2009, die Insolvenz wurde 2013 angemeldet. Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter kommt zu dem Schluss, dass die Pleite wirklich 2013 eintrat.

Foto: Peter Kneffel dpa/lby

Wien – Ab wann war die Baugesellschaft Alpine insolvent, und wann war die Insolvenz für die Verantwortlichen erkennbar? Diese Fragen spielen (auch) in den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Causa Alpine eine zentrale Rolle. Der von der WKStA zur Klärung dieser Themen bestellte Gutachter Gerd Konezny hat bereits seine Antwort vorgelegt. Sie lautet: Die Zahlungsunfähigkeit der Alpine Bau GmbH ist am 18. Juni 2013 eingetreten, in der Folge auch jene der Dachgesellschaft Alpine Holding.

Das ist der Kern des 337-seitigen Gutachtens, das der Wirtschaftsprüfer am 16. Oktober vorgelegt hat. Der Verdacht der WKStA, aber auch zahlreicher Anleger, die um ihr Geld zittern: Die Schieflage des Konzerns wäre schon im Sommer 2009 erkennbar gewesen. Die Insolvenz sei also verschleppt, Gläubiger seien dadurch geschädigt worden.

"Positive Signale"

Laut Gerichtsgutachten, das dem STANDARD vorliegt, war auch die "Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit" erst ab diesem 18. Juni 2013 "feststellbar". Das begründet der Gutachter in erster Linie mit den "positiven Aussichten durch die geplanten Sanierungsmaßnahmen und den positiven Signalen von Vertretern der (spanischen Eigentümerin, Anm.) FCC und der Banken". Anders ausgedrückt: Bis zu diesem Zeitpunkt durften die (teils beschuldigten) Manager bei der Beurteilung der Zahlungsfähigkeit des Konzerns einplanen, dass Eigentümer und Banken dem Unternehmen beispringen.

In der Causa geht es um die Aufarbeitung der größten Insolvenz der Zweiten Republik. Am 19. Juni 2013 war die Alpine unter einem Schuldenberg von rund drei Milliarden Euro zusammengebrochen, nach einem rasanten Expansionskurs. Österreichische Banken hatten den mitfinanziert: mit zum Teil staatlich garantierten Krediten, aber auch via Vertrieb von Alpine-Anleihen. Von 2010 bis 2012 haben rund 8.000 Anleger drei Anleihen der Alpine Holding von insgesamt 290 Millionen Euro gezeichnet. Sie dürften am Ende des Tages leer ausgehen.

Mehr als 2.000 von ihnen haben geklagt, flapsig gesagt werfen sie den Banken vor, bewusst Anleihen eines längst kranken Unternehmens vertrieben zu haben. Rechtskräftiges Urteil gibt es in diesem Verfahren noch nicht.

Riesenstrafverfahren

Das Strafverfahren ist komplex: 40 Beschuldigte gibt es, inklusive zweier Unternehmen. Die Verdachtspalette reicht von Untreue, Bilanzfälschung über Betrug bis zur betrügerischen Krida. Beschuldigten (Ex-)Managern wird etwa vorgeworfen, Bilanzen frisiert zu haben, um an Kredite und Bundesgarantien zu kommen. Das Ermittlungsverfahren gegen Banken wurde im Mai eingestellt.

Gutachter Konezny rechnet vor, dass die liquiden Mittel der Alpine bis 30. April 2013 ausgereicht haben, um die fälligen Schulden zu decken – und zwar "unter Berücksichtigung der von Alpine-Mutter FCC zugesagten und geleisteten Unterstützungen. Danach war die Liquidität zwar (wie in der zweiten Hälfte 2012) wieder "angespannt", die Zahlungsfähigkeit aber durch FCC-Finanzierungszusagen "kurzfristig" gesichert. Langfristig habe man die Zahlungsfähigkeit damals durch ein am 17. Juni beschlossenes Paket aus Zahlungsverzicht von Banken und FCC-Zuschüssen sichern wollen. Allerdings kam es anders: Am 18. Juni teilte Alpine-Mutter FCC gemäß Gutachten mit, dass "sie die Zuschüsse nicht leisten wird". Die Alpine war: pleite. (Renate Graber, 19.12.2017)