Die Regierungsmitglieder wurden von Van der Bellen beim falschen Ressort genannt, weil das Bundesministeriengesetz noch nicht beschlossen ist.

Foto: Der Standard/Cremer

Margarete Schramböck zieht die Mundwinkel leicht nach oben und nickt wissend, während ihr der Bundespräsident die falschen Ressorts zuteilt. Die Unternehmerin ist Österreichs neue Wirtschaftsministerin. Angelobt wurde sie allerdings auch als Zuständige für Wissenschaft und Forschung. Juliane Bogner-Strauß unterschlägt Alexander Van der Bellen hingegen die Frauenagenden, sie lächelt bloß. Mehrere Regierungsmitglieder wurden am Montag unzutreffend ernannt. Das war natürlich kein Versehen des Staatsoberhaupts. Die Struktur der Ministerien wurde ziemlich verändert – formell gilt bis zu einem entsprechenden Gesetzesbeschluss aber die alte Aufteilung. Van der Bellen weiß das und klärte die Minister vor der Angelobung auf, dass er sie womöglich beim falschen Ressort nennen wird.

Es wird also noch ein paar Tage dauern, bis der Beschluss gefasst wird, Schramböck das Thema Wissenschaft an Bildungsminister Heinz Faßmann abgeben kann und Bogner-Strauß, wie geplant, nicht nur als Familien-, sonder auch als Frauenministerin fungiert.

Sondersitzung des Parlaments

Mittwochnachmittag bietet sich die erste Möglichkeit, da findet eine Sondersitzung des Parlaments statt – und die neue Regierung wird sich dem Hohen Haus vorstellen. Gleich zwei Punkte auf der Tagesordnung stoßen der Opposition dabei sauer auf: Sowohl das Bundesministeriengesetz als auch das Budgetprovisorium wurden mit Fristsetzungsantrag angesetzt, ohne dass die dazugehörigen Ausschüsse tagen konnten. "Eine parlamentarische Sauerei", befanden die Neos bei der Nationalratssitzung am vergangenen Donnerstag. Für die SPÖ handelt es sich um "den perfekten Vorgeschmack, wie ernst ÖVP und Freiheitliche den Parlamentarismus nehmen", monierte der geschäftsführende rote Klubchef Andreas Schieder.

Opposition ist grantig

Über das Wochenende hat sich der Unmut der beiden Oppositionsparteien noch gesteigert. Denn die Sondersitzung wurde erst für 13 Uhr angesetzt. Kurz müsse zuerst seinen Antrittsbesuch in Brüssel bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker absolvieren, so die Begründung der ÖVP. Doch dieser ist bereits für Dienstag spätabends terminisiert. Rot und Pink ließen deswegen für frühen Montagabend eine Sonderpräsidiale einberufen und fordern eine Vorverlegung der Sondersitzung – damit die Debatte nicht erst abends abseits der Öffentlichkeit stattfinde. Aber sie änderte nichts daran, die Sitzung findet um 13 Uhr statt.

Auswirkungen hat ja die Regierungsbildung auch auf das Nationalratspräsidium. Sowohl Elisabeth Köstinger (ÖVP), Erste Präsidentin, als auch Norbert Hofer (FPÖ), Dritter Präsident, wechseln auf die Regierungsbank und haben ihre Mandate zurückgelegt. Nachfolgen sollen ihnen der ehemalige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und die Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ). Die Entscheidung über den Sitzungsbeginn trifft nun ausgerechnet die Zweite Nationalratspräsidentin und Sozialdemokratin Doris Bures. Allerdings: Während Kurz in Belgien weilt, ist eine Vorstellung der Regierung wohl sinnlos.

Direkt nach der Angelobung am Montag begann jedenfalls gleich der ministeriale Umzugsstress. Wenig herzlich fiel die Übergabe des Kanzleramts aus: Ein Handschlag, "viel Erfolg" wünschte SPÖ-Chef und Exkanzler Christian Kern seinem Nachfolger am Ballhausplatz – das dauerte gerade einmal 50 Sekunden.

Wie Ministerien, Sektionen und Abteilungen aufgeteilt sind und wie viele Minister es gibt, ist gesetzlich nicht geregelt. Verfassungsrechtlich ist lediglich ein ureigenes Verteidigungs-, Finanz- und Innenressort vorgesehen. Vizekanzler Heinz-Christian Strache übernimmt nun beispielsweise das Thema Sport, das bisher im Verteidigungsministerium beheimatet war. Räumlich müssen Mitarbeiter und Akten deshalb gar nicht zwangsläufig übersiedeln – der Vizekanzler hat sein Büro traditionellerweise am Wiener Minoritenplatz. Der Sitz der obersten Organe ist Wien, heißt es im Verfassungstext knapp.

Türkis-blauer Paarlauf

Unklar war zunächst, ob die neu angelobte Regierung nun wieder einander spiegeln wird: Das System der "Spiegelminister" hatte die rot-schwarze Vorgängerregierung bei ihrem "Neustart" Anfang des Jahres abgeschafft. Zuvor wurde die längste Zeit für jeden Minister einer Koalition ein Gegenüber der anderen Partei definiert, mit dem er seine Vorhaben abstimmen und ausverhandeln musste.

Der nunmehrige ÖVP-Chef Sebastian Kurz machte das Spiegelsystem im Wahlkampf dafür verantwortlich, seine Vorhaben im Integrationsbereich nicht vollständig umgesetzt haben zu können – die SPÖ habe ihn dabei blockiert. Im TV-Duell mit Kern sagte er: "Wenn ich Kanzler bin, werde ich definitiv mit meinen Ministern anders vorgehen. Ich werde es abstellen, dass es immer einen Spiegelminister gibt, der den eigentlich Zuständigen blockiert."

Davon dürfte aber zumindest der frisch angelobte Vizekanzler nichts wissen: "Als Spiegelressort zum Finanzministerium haben wir auch das Infrastrukturressort", erklärte Heinz-Christian Strache am Sonntag im STANDARD-Interview. Ob das bedeutet, dass nun tatsächlich jeder türkise Minister ein blaues Gegenüber bekommt, war am Montag nicht in Erfahrung zu bringen.

Das Ressort von Justizminister Josef Moser (ÖVP) erfährt mehrere Aufwertungen: Der Ex-Rechnungshofpräsident hat bereits die Staatsreform übernommen, dazu kommt der Verfassungsdienst der Republik, bestätigte die Bundesregierung einen Bericht der Kleinen Zeitung. Ziel sei, dass alle rechtlichen Angelegenheiten in einem Ressort gebündelt werden. Der Verfassungsdienst residierte bisher im Bundeskanzleramt. Und: Der Verfassungsdienst koordiniert die Beziehungen zwischen Bund und Ländern – die Umsiedlung soll Moser ein Werkzeug für Änderungen im föderalen System in die Hand geben.

Personalrochaden in der SPÖ

Personalrochaden stehen auch in der SPÖ an: Der steirische Landesparteisekretär Max Lercher soll Bundesgeschäftsführer werden, der bisherige Kanzleramtsminister Thomas Drozda ist als geschäftsführender Klubobmann im Gespräch. Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner könnte nach Wien wechseln, falls Andreas Schieder das Duell gegen Michael Ludwig um den Vorsitz der Wiener SPÖ gewinnt. (Marie-Theres Egyed, Sebastian Fellner, Katharina Mittelstaedt, 18.12.2017)