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Der Klimawandel wird unter Trump, anders als unter Obama, nicht mehr als Gefahr für die nationale Sicherheit der USA eingestuft.

Foto: Reuters / Wolfgang Rattay

Es gab Zeiten, da konnte der US-Präsident seinem chinesischen Amtskollegen gar nicht genug um den Bart gehen. Stets und ständig betonte Donald Trump, wie prächtig er sich mit Xi Jinping verstehe, seit man sich in seinem Strandclub Mar-a-Lago bei vorzüglicher Schokoladentorte kennengelernt habe. Die Nationale Sicherheitsdoktrin, die er am Montag präsentierte, spricht eine andere Sprache. Darin wird Peking als "revisionistische Macht" charakterisiert, die nach einer Welt trachte, die im Gegensatz zu den Werten und Interessen Amerikas stehe.

China, heißt es in dem 67-Seiten-Papier, sei ein strategischer Rivale, weil es auf den Feldern Politik, Wirtschaft, Militär und Information so wirkungsvoll mit den USA konkurriere, wie es bei keinem anderen Kontrahenten der Fall sei. Über Jahrzehnte habe Washington seine Politik auf der Annahme gegründet, dass sich China mit fortschreitender Entwicklung sowohl liberalisieren als auch in die Nachkriegsordnung integrieren würde. Doch anders als erhofft habe es seinen Einfluss nur auf Kosten der Souveränität anderer Akteure in Asien ausgedehnt. In Europa schaffe es sich ein strategisches Standbein, indem es in Schlüsselindustrien, sensible Technologien und die Infrastruktur investiere. In Afrika korrumpiere es Eliten, Lateinamerika versuche es durch Staatskredite und Waffenverkäufe "in seinen Orbit" zu ziehen. Ein bisschen klingt es, als wäre Trump nach vorübergehender Offensive des Lächelns wieder dort angelangt, wo er im Wahlkampf aufgehört hatte.

"Ökonomische Aggression"

Da hatte er neben Mexiko vor allem China mit populistischer Wut an den Pranger gestellt, von Währungsmanipulation, unfairen Handelspraktiken und systematischem Diebstahl geistigen Eigentums gesprochen. Kaum vereidigt, begann er verbal abzurüsten. Nunmehr war Peking der unverzichtbare Partner, der Druck auf Nordkorea ausüben sollte, um Kim Jong Un zum Rückzieher bei Atomtests und Raketenstarts zu zwingen.

Trumps Strategieskizze, federführend formuliert von seinem Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster, knüpft nun wieder beim alten Kampagnenvokabular an, wenn auch hier und da eleganter. Länder, die Amerikas Werte nicht teilen, ist dort zu lesen, hätten die Institutionen des Welthandels untergraben, ohne selbst Reformen in Angriff zu nehmen. Man werde die Augen nicht länger vor Regelverletzungen und ökonomischer Aggression verschließen. Seit Ronald Reagan im Weißen Haus residierte, stehen US-Präsidenten gegenüber dem Kongress in der Pflicht, mindestens einmal in ihrer Amtszeit eine "National Security Strategy" vorzulegen: Ein Dokument, das Richtlinien zusammenfasst, das bisweilen schon bald durch unvorhersehbare Ereignisse zu Makulatur gestempelt, aber gerade im Falle Trumps mit besonderer Spannung erwartet wurde.

Was sein nationalistisches "America First" im Einzelnen bedeutet, darauf sollte es Antworten geben. Mit Blick auf Russland sind es Antworten, die vielem zuwiderlaufen, was der einstige Immobilientycoon auf Wahlkampfbühnen verkündet hatte. Damals fand er Worte für Wladimir Putin, die an Bewunderung für einen starken Mann grenzten. Jetzt ist von einem Russland die Rede, das wie China versuche, die Sicherheit und den Wohlstand der USA zu untergraben und obendrein einen Keil zwischen die USA und ihre europäischen Verbündeten treiben wolle. Zudem machte Trump deutlich, dass er nicht viel hält von Lockerungsübungen, wie Barack Obama sie gegenüber dem Iran praktizierte: Wer Kontakte zu Rivalen suche, dürfe nicht glauben, dass er diese dadurch in "gutartige Akteure" und "vertrauenswürdige Partner" verwandle.

Schließlich der Klimawandel: In Obamas Sicherheitsdoktrin war er noch explizit als eine der größten Bedrohungen für die Nation eingestuft worden. Trump, der im Juni den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen erklärt hat, setzt völlig andere Prioritäten. Man wolle einer wachstumsfeindlichen Energie-Agenda entgegentreten. Im Übrigen seien die Schwellenländer zu großen Teilen auch in Zukunft auf fossile Brennstoffe angewiesen. (Frank Herrmann, 19.12.2017)