Wien – Als doppelt divers bezeichnet Maria Mesner, Historikerin und Studienprogrammleiterin für Gender Studies an der Uni Wien, ihr Fach. "Wir beschäftigen uns ja generell mit gesellschaftlicher Diversität, und andererseits ist es auch eine diverse Disziplin, wie jedes Forschungsfeld." Im Rahmen des Gabriele-Possanner-Preises, der zu Ehren der ersten Frau mit akademischem Abschluss in Österreich vergeben wird, wurden zum elften Mal WissenschafterInnen in der Geschlechterforschung ausgezeichnet.

Während Elisabeth Holzleithner am Freitag den Staatspreis für ihre an Geschlechterthemen orientierte Forschungsarbeit bekam, wurden weiters zwei Förderungspreise verliehen. Die Rechtswissenschafterin Marija Petricevic konnte dabei mit ihrer Arbeit zu Rechtsfragen der Intersexualität überzeugen, die mit 12.000 Euro honoriert wurde. Die von Holzleithner betreute Arbeit stellt laut Jury einen äußerst relevanten Beitrag zur aktuellen Debatte rund um das dritte Geschlecht dar. Erst im November beschloss das deutsche Verfassungsgericht, dass ein drittes Geschlecht im Geburtenregister eingeführt werden muss.

Von Women zu Gender Studies

Sabine Grenz, erste Sprecherin der Fachgesellschaft für Geschlechterstudien, sieht in der Rechtslage intersexueller Menschen eine Menschenrechtsverletzung und verweist auf die Relevanz der Forschung. Sie spricht gegenüber dem STANDARD auch von Vorurteilen, die gegenüber der Geschlechterforschung bestehen: "Vieles ist politisch motiviert, weil man gesellschaftliche Ordnung so aufrechterhalten will, wie sie ist. Und wir weisen eben auf soziale Ungleichheiten hin, die im Widerspruch zu einer demokratischen Gesellschaft stehen."

Die Gender Studies, welche aus den Women Studies der 1960er- und 70er-Jahre hervorgingen, haben sich dabei auch in ihrem Fokus leicht verändert, wie Maria Mesner erzählt: "Die Women Studies waren eine Disziplin, die davon ausgegangen ist, dass Frauen in vielen Feldern ausgeblendet werden. Heute ist man mehr dazu übergegangen, die Geschlechterverhältnisse und Strukturen ins Zentrum zu stellen."

Grenz sieht in eine beständige Diversität ihres Faches, die von der Öffentlichkeit jedoch nicht immer als solche wahrgenommen wird: "Es gibt ja diverse Auseinandersetzungen darüber, was die Geschlechterforschung alles nicht macht. Dass sie sich beispielsweise nicht um die Alltagsrealität vieler Frauen kümmern würde, sondern nur um sexuelle Minderheiten. Diesem Vorwurf wollen wir entgegenwirken, indem wir auf die Vielseitigkeit der Forschung aufmerksam machen." (krop, 20.12.2017)