Gut Nowosilzew war einst der Inbegriff eines Adelssitzes in Russland. Heute gleicht es einer Ruine, in der Jugendliche Partys feiern. Das herrschaftliche Leben auf dem Landgut kennt Boris Nettschaeff nur aus den Erzählungen seines Großvaters. Der floh nach der Revolution 1917 wie viele Adelige vor den Bolschewisten ins Ausland.
Ein Jahrhundert später ist der Enkel zurückgekehrt, um den einstigen Familiensitz vor dem völligen Verfall zu retten. "Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, das Gut zu restaurieren", sagt Nettschaeff. Aufgewachsen ist er in Frankreich, doch nun lebt er mit seiner Familie in Moskau. Gut Nowosilzew steht 270 Kilometer südwestlich davon, in der Region Orjol.
Tausende leerstehende Landsitze
Nowosilzew ist einer von tausenden Landsitzen, die Aristokraten und Kaufleute über Generationen errichtet hatten, bevor sie unter Wladimir Iljitsch Lenin teilweise brutal enteignet wurden. In vielen Gutshäusern waren in der Sowjetzeit staatliche Einrichtungen untergebracht, manche wurden zu Museen umgebaut.
Als die Sowjetunion zerbrach, war von den meisten Landsitzen nicht mehr als Ruinen übrig. Der russische Staat ist zwar nach wie vor Eigentümer, aber er kann die Immobilien nicht erhalten.
"Von einer strahlenden Zukunft für diese Anwesen zu sprechen ist schwierig", sagt Wadim Solowjow, der im Auftrag des Kultusministeriums Investoren für die Gutshäuser sucht. "Die Regierung sollte eingestehen, dass sie nicht alle Baudenkmäler retten kann und einige von ihnen in private Hände geben." Die Renovierung der historischen Bauten verschlinge Unsummen, Profit sei kaum zu erwirtschaften.