SPD-Chef Martin Schulz kommt am Mittwoch zu Verhandlungen mit CDU und CSU in Berlin an.

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Berlin – Die Unionsparteien und die SPD wollen am 7. Jänner Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung in Deutschland aufnehmen. Darauf verständigten sich die Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD bei einem Spitzengespräch am Mittwoch.

Ein Ergebnis in der Frage, ob anschließend über eine große Koalition gesprochen werden kann, soll bis 12. Jänner vorliegen.

Zu Jahresbeginn wollen sich die Parteien in getrennten Sitzungen auf die Sondierungen vorbereiten. Die drei Parteien sprachen von einem guten Gespräch in "vertrauensvoller Atmosphäre". Vereinbart wurden auch schon verschiedene Themengebiete für die Beratungen, darunter etwa die "Arbeitsweise der Regierung und Fraktionen". Die SPD beharrt bisher darauf, dass sie auch über andere Formen einer Zusammenarbeit als eine feste Koalition sprechen wolle.

Stegner: Form der Zusammenarbeit von Inhalten abhängig

Die Union hat es nach Worten von SPD-Vizechef Ralf Stegner selbst in der Hand, ob es im Bund zu einer großen Koalition kommt. "Je weiter man zu einem inhaltlichen Neustart kommt, um so leichter ist es, über feste Formen der Zusammenarbeit zu reden", sagte Stegner, der zur Sondierungskommission der Sozialdemokraten gehört.

Die SPD wolle eine andere Europapolitik und Milliardeninvestitionen in die Bildung. Bei Gesundheit und Pflege müsse etwas getan werden. Auch die Rente müsse nach einem langen Arbeitsleben reichen.

Für die SPD bleiben die Sondierungsgespräche ergebnisoffen. Daran ändere auch die Festlegung von Merkel nichts, dass für die CDU nur eine feste Koalition und keine Zusammenarbeit mit wechselnden Mehrheiten infrage komme. "Dass Frau Merkel in der Öffentlichkeit sagt, was sie richtig findet, das ist okay. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass es so kommt", sagte Stegner.

Innerparteiliche Kritik in FDP über Jamaika-Abbruch

Ursprünglich hatte sich die SPD ja gegen eine abermalige Koalition mit der Union ausgesprochen gehabt. Nachdem die Jamaika-Verhandlungen, also die Sondierungsgespräche zwischen Union, Grünen und FDP, gescheitert waren, machte die Partei aber eine Kehrtwende. Die Gespräche zur Jamaika-Koalition hatte wiederum der FDP-Chef Christian Lindner zum Platzen gebracht.

Innerhalb der Partei werden nun auch kritische Töne gegenüber dieser Entscheidung lauter. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum geht auf Distanz zu Parteichef Christian Lindner. Es sei zwar eine Meisterleistung Lindners gewesen, die Partei erneuert und wieder in den Bundestag gebracht zu haben, sagte Baum. "Jetzt ist nach dem Aus bei den Sondierungen eine neue Phase eingetreten." Die Verantwortung für den Abbruch werde vor allem der FDP zugeschrieben. "Die FDP trägt jetzt eine Last mit sich. Sie hat einen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust erlitten."

Baum: FDP müsse koalitionsoffen bleiben

Schaue man sich die Umfragen genau an, zeige sich Unzufriedenheit bei Stammwählern und neuen Wechselwählern, insbesondere aus wirtschaftsnahen Kreisen, sagte Baum. "Sich einer Wahl zu stellen heißt vor allem, zur Übernahme von Verantwortung bereit zu sein und auch unangenehme Kompromisse zu schließen. Ich hätte das gewagt", fügte der 85-Jährige hinzu. Er riet, die Absage dürfe nicht zementiert werden. Die Liberalen müssten koalitionsoffen bleiben.

In Umfragen war die FDP zuletzt auf eine Zustimmung von acht Prozent abgesackt. Bei der Bundestagswahl hatte sie noch 10,7 Prozent der Stimmen errungen. Vor allem Lindner selbst hat deutlich an Popularität eingebüßt. Aus der Wirtschaft waren unterschiedliche Stimmen gekommen. In der Partei selbst war bisher keine ernsthafte öffentliche Kritik an Lindner laut geworden. (Reuters, red, 20.12.2017)