"Ich habe ihr (der Reporterin, Anm.) das gesagt, um den Job zu bekommen. Ich hab das erfunden. Das war Angeberei", sagt Robert Wagner.

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Wagner pflegt beste Verbindungen zu Superstars. Justin Gatlin (links) lotste er 2014 nach Linz, Usain Bolt 2010 nach Daegu. "Als würde ich meinen Schwager einladen."

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Wien – "Es wird die Frage sein, ob die Indizien ausreichen, um neben einer sportrechtlichen Untersuchung auch strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten." David Müller spricht für die österreichische Anti-Doping-Agentur Nada und über den Fall Robert Wagner. Müller kann nicht für das Bundeskriminalamt sprechen. Dort gibt es eine Spezialeinheit für Sportbetrugsfälle, die Sport Integrity Unit. Sie beginnt zu ermitteln, wenn genügend Hinweise vorliegen, die auf einen Tatbestand schließen lassen.

Im Fall Robert Wagner liegt mehr als nur ein Hinweis vor. Dem oberösterreichischen Leichtathletikmanager droht Ungemach. Wagner (57) ging in Florida Reportern der englischen Zeitung The Telegraph auf den Leim. Sie hatten vorgegeben, einen Film über einen Läufer zu drehen, den sie in Form bringen müssten. Gemeinsam mit Dennis Mitchell, dem Trainer von Sprintweltmeister Justin Gatlin, stellte Wagner für ein zugesagtes Honorar von 250.000 US-Dollar die Versorgung mit Dopingmitteln in Aussicht. Mittlerweile teilte er in einer Aussendung mit, er habe "die Behauptungen erfunden", um die fiktiven Filmleute "zu beeindrucken. Es war nur Angeberei."

Parallelen zu Ernst Strasser

"Wagner fährt die Strasser-Linie", sagte am Mittwoch ein juristischer Insider. Tatsächlich erinnert die Causa stark an den Fall des ehemaligen österreichischen Innenministers Ernst Strasser, der ebenfalls auf Undercover-Reporter hereingefallen war. Strasser ("Of course I am a lobbyist") bot ihnen an, gegen Bezahlung von jährlich 100.000 Euro auf die Gesetzgebung im EU-Parlament Einfluss zu nehmen. Der frühere ÖVP-Politiker wurde im Oktober 2014 wegen Bestechlichkeit zu drei Jahren Haft verurteilt, nach sechs Monaten erhielt er eine Fußfessel, die ihm am 13. September 2016 abgenommen wurde.

Wagner hat behauptet, er könne Dopingmittel über einen österreichischen Arzt beschaffen. Sollte das Bundeskriminalamt gegen ihn ermitteln, so wären Sportbetrug (Strafrahmen bis zu zehn Jahre Haft) sowie Besitz, Handel und Weitergabe von Dopingmitteln (bis fünf Jahre Haft) mögliche Straftatbestände. Es ist nicht auszuschließen, dass auch die Nada ein Verfahren einleitet.

"Schwerwiegende Vorwürfe"

Üblicherweise hat die Anti-Doping-Agentur mit Sportlern oder deren Betreuern zu tun. Doch unter Umständen ist auch Wagner nicht sicher, obwohl er im Österreichischen Leichtathletikverband (ÖLV) keine Funktion bekleidet, wie dieser am Mittwoch nicht müde wurde zu betonen. Hierzulande ist Wagner bekannt, weil er viele Jahre lang Leichtathletikevents wie das Linzer Gugl-Meeting (später: Gugl Games) organisierte. 2014 war damit Schluss, weil nur 2000 Zuseher kamen. Dabei hatte Wagner eigens Justin Gatlin geholt, der 100 Meter in 9,82 Sekunden lief.

Der New Yorker gilt vielen als Gottseibeiuns der Leichtathletik. Der Olympiasieger von 2004 war zweimal wegen Dopingvergehen gesperrt, erstmals 2001. Fünf Jahre später entging er einer lebenslangen Sperre, weil er als Kronzeuge gegen seinen früheren Trainer auftrat. Heuer entthronte Gatlin im August in London den Jamaikaner Usain Bolt als Sprintweltmeister. Er wurde ausgebuht, und Sebastian Coe, Präsident des Weltverbands (IAAF), bedauerte öffentlich das Resultat.

Coe nennt die Vorwürfe gegen Wagner "äußerst schwerwiegend". Noch führen ihn der US- und der britische LA-Verband als Sportlermanager auf ihren Seiten. Wagner hat viele Aktive unter Vertrag und beste Beziehungen. 2010 organisierte er ein Meeting in Daegu in Südkorea, zu dem er Usain Bolt lotste. "Das ist, als würde ich meinen Schwager einladen."

Wagners viele Standbeine

Für Dopinggegner ist Wagner ein beschriebenes Blatt. Er war Manager von Ben Johnson, Stephanie Graf, Elmar Lichtenegger und Jolanda Ceplak, die wegen Dopingvergehen gesperrt wurden. Der mexikanische Dopingdealer Angel Heredia, der in einem US-Dopingskandal als Kronzeuge auftrat, sagte der ARD, er sei 2004/05 mit Wagner in Kontakt gewesen. "Wir haben über nichts anderes als Doping geredet." Wagner ist in zweiter Ehe mit Kelli White verheiratet. Die US-Sprinterin kam bei der WM 2003 über 100 und 200 Meter als Erste an und wurde kurz darauf positiv getestet.

Wagner lebt in Monte Carlo, wo auch seine Firma World Athletic Management ihren Sitz hat, und in Kalifornien. Er ist aber oft auf Reisen und immer wieder in Österreich. Sein Geschäftsfeld hat er längst auch auf den Fußball ausgedehnt. Er dient dem europäischen (Uefa) und dem Weltverband (Fifa) als Venue-Manager, war etwa zuletzt bei den WM-Quali-Heimspielen Kasachstans im Einsatz. Vor einem Jahr gab er in der Europa League bei Rapid gegen Bilbao in Hütteldorf den Manager für "Venue Operations und TV". Ein zweites Standbein, wenn man so will. Auch dieses droht nun wegzubrechen. (Fritz Neumann, 20.12.2017)