Im April beschädigten mehrere Bomben den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund.

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Berlin/Dortmund – "Der Angeklagte handelte, um sich zu bereichern." Mit diesen Worten schilderte am Donnerstag Oberstaatsanwalt Carsten Dombert bei Verlesung der Anklage jene mutmaßlichen Beweggründe des 28-jährigen Sergej W., die in Deutschland zunächst für Entsetzen und danach zu einem der aufsehenerregendsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre geführt haben.

Rückblick auf den 11. April 2017: Aus einem Hotel in Dortmund kommt die Mannschaft des deutschen Fußball-Erstligisten Borussia Dortmund (BVB / Ballspielverein Borussia) und besteigt den Mannschaftsbus, um zu einer Champions-League-Partie gegen den AS Monaco ins Stadion zu gelangen. Doch der Bus kommt nicht weit, es detonieren kurz nach der Abfahrt drei mit Metallstiften gefüllte Sprengsätze. Abwehrspieler Marc Bartra muss mit einem Unterarmbruch ins Krankenhaus, ein Polizist, der den Bus begleitet, erleidet ein Knalltrauma.

Zunächst wird spekuliert, dass es sich um einen islamistischen Terroranschlag handelt, doch bald kommen die Ermittler auf eine andere Spur – auch durch Hinweise des Oberösterreichers Rudolf S. Dem Aktienexperten und BVB-Fan waren ungewöhnliche Transaktionen aufgefallen. Jemand hatte große Mengen an Derivaten gekauft, mit denen er auf fallende BVB-Aktienkurse setzte. Dazu postete Rudolf S. im April auch auf derStandard.at.

Gewinn nach Aktienverfall

Wären die Spieler wegen schwerer Verletzungen für längere Zeit ausgefallen oder gar gestorben und hätte dies einen massiven Verfall der Aktie nach sich gezogen, so hätte der Derivatebesitzer finanziell davon enorm profitiert.

Die Ermittler stießen bald auf den 28-jährigen Sergej W. aus Freudenstadt (Baden-Württemberg). Laut Anklage hat er die durch Kredit finanzierten Optionsscheine im gleichen Hotel per Computer geordert, in dem das Team untergebracht und in dem auch er selbst abgestiegen war.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen 28-fachen versuchten Mord, das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vor. Rudolf S., der nach seinem Tipp Besuch vom Verfassungsschutz bekam, steht bislang nicht auf der Zeugenliste im Prozess. (bau, 21.12.2017)