Für uns kaum als solche erkennbar: Gänseblümchen auf einem Wärmebild.
Foto: Universität Bristol

Bristol – Auch wenn wir bunte Blumen hübsch finden mögen, sehen wir doch nur ein Zerrbild der Realität, denn wir sind nicht die Zielgruppe der Blüten. Es sind Tiere, die als Bestäuber fungieren – primär Insekten, aber auch einige Vögel –, die Blüten wirklich so wahrnehmen, wie sie aussehen "wollen" respektive wie sie sich in Koevolution mit ihren tierischen Partnern entwickelt haben.

Dazu gehören etwa Musterungen, die nur für Augen sichtbar sind, die ultraviolettes Licht wahrnehmen können. Viele Blumen haben solche UV-Male. Die für uns einheitlich gelbe Blüte eines Löwenzahns beispielsweise zeigt im UV-Licht zwei klar voneinander abgegrenzte Bereiche: einen ringförmigen Rand und eine zentrale Scheibe, die einfliegende Insekten dorthin lotst, wo sie gebraucht werden.

Kalifornischer Mohn lässt das Zentrum seiner Blüten erstrahlen.
Foto: Universität Bristol

Von einem weiteren Faktor berichten nun Forscher der Universität Bristol im Journal "eLife". Die Wärmeverteilung auf Blüten bildet offenbar ebenfalls Muster aus, die Bienen und Hummeln an die richtige Stelle lotsen. Im Schnitt seien diese "leuchtenden" Areale vier bis fünf Grad wärmer als der Rest der Blüte, manche Stellen können aber auch bis zu elf Grad wärmer sein, so die Forscher.

Das Team um Heather Whitney führte thermographische Analysen an insgesamt 118 Pflanzenspezies durch. Bei immerhin 55 Prozent der untersuchten Arten wurden solche Wärmesignaturen gefunden – darunter auch bei so alltäglichen wie Gänseblümchen oder Mohn.

Zistrosen setzen auf indirekte Beleuchtung des Zentrums durch einen Kranz heißer Stellen.
Foto: Universität Bristol

Und diese Muster werden auch wahrgenommen. Das testeten die Forscher, indem sie künstliche Blüten bastelten, die für das menschliche Auge identisch aussahen, sich aber in ihren Wärmemustern unterschieden. Hummeln, die für das Experiment als Vertreter der Bienenwelt die Versuchstiere abgaben, konnten die Blüten aber voneinander unterscheiden. Für sie waren Wärmemuster offensichtlich mit unterschiedlich hohen Erfolgsaussichten in Sachen Nektarsammeln verknüpft.

Whitney weist darauf hin, dass Pflanzen ihren Bestäubern gleichsam ein multisensorielles Info-Paket zur Verfügung stellen. Dieses umfasst den Duft ebenso wie die Optik in verschiedenen Wellenlängenbereichen; vor kurzem erst berichteten Forscher, dass außerdem zwischen Pflanze und Insekt eine Kommunikation über elektrische Felder stattfindet. All dies seien Hinweise der Pflanze an die Insekten, wie sie ihren Nahrungsertrag optimieren können, um sich so ihrer Dienste als Bestäuber zu versichern. (jdo, 26. 12. 2017)