Die Herstellung von Styropor ist aufwendig. Doch spare man mit einem gedämmten Haus mehr Energie, als die Produktion benötigt.

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St. Pölten – Wenn der Heilige Abend vorbei ist und alle Geschenke ausgepackt sind, türmen sich unter dem Christbaum oftmals nur Verpackungsabfälle – häufig in Form von Styropor. "Beliebt sind Verpackungsabfälle aus Styropor nicht, doch das hat alles seine Berechtigung. Wird ein aufwendig produzierter Computer beim Transport beschädigt, verliere ich alles in der Wertschöpfungskette. Eine solide Verpackung trägt somit bei, Ressourcen zu schonen", sagt Christian Buchinger, Innovationschef bei der St. Pöltener Firma Sunpor.

Ressourcenschonung ist ein zentrales Thema für die Niederösterreicher. Verpackungsmaterial entspricht nur einem kleinen Teil der Produktpalette. Das eigentliche Flaggschiff der Firma sind Isolations- und Dämmstoffe für den Bau. Diese entsprechen 87 Prozent der Produktion.

Sunpor stellt kleine Kunststoffkügelchen her, die in Fachkreisen den wenig spektakulären Namen "expandierbares Polystyrol" (EPS) tragen. Der breiten Masse ist EPS als Styropor bekannt. Und Polystyrol-Kügelchen bilden die Grundlage für jedwedes Styroporprodukt.

EPS bietet eine günstige Möglichkeit zur Fassadendämmung. "Styropor an der Hauswand dämmt hervorragend gegen Kälte, aber auch gegen Wärme", sagt Buchinger. Der beste Isolator sei schlussendlich Luft, und EPS besteht zu 98 Prozent aus Luft und zu zwei Prozent aus Kunststoff. EPS trage deshalb auch den Beinamen "engineered air", da es sich in Wahrheit nur um eingeschlossene Luft handle.

Ökologische Betrachtung

Polystyrol ist ein Erdölprodukt, der fossile Ursprung bedeutet, dass der Rohstoff langfristig nur begrenzt verfügbar ist. "Ein hoher Energiebedarf beim Herstellungsprozess wird fälschlicherweise immer wieder kritisiert. Die energetische Amortisationszeit ist weit kürzer als die Lebensdauer des Dämmstoffes. Sprich, man spart durch die Dämmung weit mehr Energie, als die Herstellung benötigt", sagt Buchinger.

Bei der Umweltschutzorganisation Global 2000 sieht man den Rohstoffbedarf naturgemäß etwas differenzierter: "Der Nutzen und auch die Amortisationszeit einer Styropordämmung sind definitiv in Ordnung. Dennoch raten wir stark dazu, auf ökologische Stoffe zu setzen. Die Rohstoffknappheit ist einfach zu problematisch", sagt Johannes Wahlmüller, Energieexperte von Global 2000.

Diese Ressourcendiskussion sei natürlich auch Sunpor bekannt, sagt Buchinger. Aus diesem Grund sei man im Unternehmen bemüht, Schaumstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe zu entwickeln. "Zurzeit scheitern solche Ansätze aber meist am Preis und an der industriellen Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe. Außerdem weisen sie bei einer Lebenszyklusbetrachtung keinen Vorteil gegenüber EPS auf."

EPS wird immer wieder nachgesagt, giftig zu sein bzw. giftige Stoffe freizusetzen. Dieser Glauben geht auf ein ehemals beigesetztes Brandschutzmittel zurück, welches für den Menschen ungiftig ist, jedoch als umweltschädigend eingestuft wurde. Aus diesem Grund stellte Sunpor bereits vor den gesetzlichen Fristen auf die nächste Generation der Brandschutzmittel um.

Sunpor ist seit dem Jahr 2005 nach den Responsible-Care-Kriterien zertifiziert. Dieses weltweit anerkannte Zertifikat der chemischen Industrie bestätigt eine umwelt- und gesundheitsschonende Produktionsweise und wird regelmäßig evaluiert. Überdies verfügt die Firma über eine eigene Betriebsfeuerwehr. Auch Global 2000 bewertet Polystyrol als ungefährlich.

Jeder zweite Fahrradhelm

Das Betriebsgelände von Sunpor neben der S33 haben bereits viele gesehen, doch nur wenige wissen, dass die Firma zu den zehn größten Polystyrol-Produzenten weltweit zählt. Die mangelnde Bekanntheit in der Bevölkerung lässt sich einfach begründen: Sunpor ist ein reiner Rohstofflieferant für Geschäftskunden. Die St. Pöltner liefern den Grundstoff, finale Styroporprodukte fertigen jedoch andere an.

Wer sich beispielsweise schon einmal das Innenleben eines Sturzhelms angesehen hat, stellt fest, dass es aus Styropor besteht. Das ist kein Novum. Doch nur wenige wissen, wo dieses Styropor herkommt. "Jeder zweite Helm der Welt wird mit Sunpor-Material gefertigt", so Buchinger.

Für die Anlieferung von Styrol, dem Vorprodukt von EPS, hat das Unternehmen sogar einen eigenen Bahnterminal. In einem speziellen Produktionsverfahren in Kombination mit Wasser verwandelt sich die farblose Flüssigkeit zu besagten Kunststoffkügelchen.

Recyclingfrage

In der Öffentlichkeit wird immer wieder die eingeschränkte Recyclingfähigkeit von Styropor bemängelt. Prinzipiell lässt sich Styropor aber sehr gut recyceln. Es gebe jedoch ein Problem mit der Sortenreinheit, sagt Wahlmüller. "Ist EPS mit Putz- oder Kleberesten vermischt, ist einwandfreies Recycling kaum möglich."

Deshalb wurde eine unternehmensübergreifende Initiative namens PolyStyreneLoop gegründet, in der Sunpor Mitglied ist.

Dabei handelt es sich um ein Projekt der EU, das die Kreislaufwirtschaft beflügeln soll. Mit einer Anlage, die kommendes Jahr in Betrieb genommen werde, solle dann auch das Problem von verunreinigten EPS-Produkten beseitigt werden, sagt Buchinger. Alternativ wurden Abfälle bisher als Schüttmaterial in Estrichen verwendet. Laut Sunpor konnte der Bedarf wegen der geringen Abfallmenge kaum gedeckt werden. (Andreas Danzer, 25.12.2017)