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Viele Orte in Katalonien tragen noch die Spuren der letzten turbulenten Monate.

Foto: Reuters / Eric Gaillard

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Die Senyera, die inoffizielle Form der Flagge, die Symbol vieler Separatisten ist, wird weiterhin fleißig verkauft.

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Es gibt nur ein Thema am Markt Sant Antoni in Barcelona, und das ist diesmal nicht das für Samstagabend anstehende "Clásico" von Real Madrid gegen den FC Barcelona. Natürlich geht es um das Ergebnis der katalanischen Autonomiewahlen vom Donnerstag.

"Es haben die gewonnen, die gewinnen mussten, oder?", sagt Lluís Salvador und meint damit den Block der Unabhängigkeitsbefürworter. Stärkste Kraft dort wurde überraschend "Gemeinsam für Katalonien" (JxCAT) von Carles Puigdemont, dem nach Brüssel geflohenen ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten. Madrid hatte ihn des Amtes enthoben, gegen ihn wird wegen "Rebellion", "Aufstand" und "Veruntreuung" ermittelt. Zusammen mit der republikanischen Linken Kataloniens (ERC) des inhaftierten Ex-Vizeregierungschefs Oriol Junqueras und der antikapitalistischen CUP haben sie erneut die absolute Mehrheit im Parlament.

"Die schweigende Mehrheit hat gesprochen", sagt der 59-jährige Fischhändler Salvador. So nennen die "Unionistas" üblicherweise diejenigen, die nicht zu den Wahlen gehen. Sie hofften darauf, dass eine hohe Wahlbeteiligung die Waage zu ihren Gunsten ausschlagen lassen würde. Nun sei die Beteiligung so hoch wie nie zuvor gewesen, "und es ist alles beim Alten", freut sich Salvador, der Puigdemont gewählt hat.

Bewegte letzte Monate

Die langen Zeltreihen, in denen der Markt untergebracht ist, zeugen von den bewegten vergangenen Monaten. Da hängen Reste von Plakaten, die zum Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober rufen, das von Madrid verbotenen worden war. Graffiti beschwören, dass Katalonien nicht Spanien ist. Plakate mit der Aufschrift "Willkommen Republik" erinnern an jenen 27. Oktober, als das katalanische Parlament die Unabhängigkeit ausrief und Madrid per Artikel 155 Katalonien unter Zwangsverwaltung stellte.

"Es ist gut, dass das ganze Hin und Her vorbei ist", findet Salvador. Jetzt müsse endlich verhandelt werden. Er will "ein Referendum über die Zukunft Kataloniens, in beidseitigem Einverständnis, so wie in Schottland".

Die Wähler liefen in Scharen von Rajoys Portido Popular (PP) zu den rechtsliberalen Ciudadanos (C’s) unter Inés Arrimadas über, die jetzt stärkste Kraft unter den Verteidigern der Einheit Spaniens sind. "Ich hätte auch die Fremdenlegion gewählt, wenn sie sich zur Wahl gestellt hätte", macht der 72-jährige José de Corral aus seinen radikal-unionistischen Ansichten keinen Hehl. Doch auch er ist, anders als C’s, PP oder die Sozialisten, für ein Referendum nach schottischem Vorbild "Wir müssen endlich wissen, woran wir sind", sagt er.

Rückkehr ohne Verhaftung

Vom Zusammenprall zweier aufeinander zurasender Züge war oft die Rede gewesen. Jetzt nach den Wahlen sind sie wohl eher zum Stillstand gekommen. "Wir sind wieder genau da, wo wir auch vor dem 1. Oktober waren", sagt Marta Gil. Für die 48-jährige Sekretärin ist Puigdemont "unser legitimer Präsident". Jetzt müsse er einmal zurückkommen – "ohne dass sie ihn gleich verhaften".

Auch sie will ein Referendum "wie in Schottland". "Rajoy kann eigentlich nicht länger Nein sagen", glaubt sie. Ihre Hoffnung gilt Europa: "Die können jetzt nicht mehr länger wegschauen, oder?" (Reiner Wandler aus Barcelona, 22.12.2017)