Bild nicht mehr verfügbar.

Auch heuer dürfen einige unzufriedene Amazon-Kunden ihre Ware trotz Rückerstattung des Kaufpreises behalten

Foto: AP/Lennihan

Wer kennt das nicht: Man verschenkt ein Buch, DVD-Sets oder eine CD – und kommt drauf, dass der Empfänger der Gabe diese schon längst besitzt. Glücklicherweise können Artikel fast immer retourniert werden. Doch Amazon geht einen Schritt weiter: Bei Produkten mit geringem Warenwert verzichtet der Onlinehändler zurzeit oft auf eine Rücksendung durch den Kunden – und überweist das bezahlte Geld anstandslos zurück.

Hohe Kosten

Dem Webstandard liegen allein aus den vergangenen sieben Tage eine ganze Reihe solcher Fälle vor. Der Autor dieses Artikels erhielt etwa Geld zurück und konnte dennoch ein Kochbuch behalten, das in der beschenkten Verwandtschaft schon vorhanden war. Das Verhalten des Onlinehändlers löst bei vielen Menschen Irritationen aus. Wie kann es sein, dass man eine Rückerstattung bekommt, aber die Sendung behalten kann?

Der Grund dafür liegt in hohen Kosten für die Retouren. Das EHI Retail Institute führte vor zwei Jahren eine Umfrage bei Händlern durch, die angaben, dass die Retourkosten meist zwischen 2,50 und zehn Euro betragen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geht von Kosten von bis zu 15 Euro aus.

Unpraktisch

Das gilt für das ganze Jahr. In der Weihnachtszeit – die für Amazon mit Abstand am erträglichsten ist – dürften die Kosten noch einmal nach oben schlagen. Denn die gesamte Amazon-Logistik läuft dann unter Hochdruck. Der Konzern dürfte zufrieden sein, wenn alle bestellten Artikel zeitgerecht ankommen und komplizierte Retouren von kostspieligen Waren reibungsfrei über die Bühne gehen. Mit "Kleinigkeiten" wie 20 Euro teuren Büchern oder 14,99 Euro-DVD-Sets will man sich offenbar nicht aufhalten. Ebenso gilt das für defekte Produkte, die Amazon nicht mehr weiterverkaufen kann.

Kundenzufriedenheit

Amazons Kulanz dürfte auch zur Kundenzufriedenheit beitragen – wer verpackt schon gern eine Rücksendung und bringt diese auf die Post, wo vermutlich längere Wartezeiten drohen. Allerdings ist die Rückerstattung ohne Rücksendung keine fixe Regel. Nutzer sollten nicht darauf spekulieren, Waren "einfach so" nicht bezahlen zu müssen.

Vergangenen April sagte Amazon zu T3N, dass man die "Rücksendung für unsere Kunden so einfach wie möglich machen" wolle. Das wiederholt man auch in einem Statement gegenüber dem STANDARD. Man stelle sicher, dass sich Kunden vor dem Kauf genau über ein Produkt informieren können und eine Rücksendung gegebenenfalls möglichst einfach zu halten. Retournierte Produkte werden teilweise als Gebrauchtware wieder angeboten.

Für Weihnachten habe man die Rücksendefristen erweitert. Waren, die zwischen 1. November und 31. Dezember ausgeliefert werden, können bis zum 31. Jänner zurückgeschickt werden. Weitere Details, etwa nach welchen Kriterien man auf eine Rücksendung verzichtet und dem Kunden das Geld trotzdem erstattet, möchte man nicht nennen.

Regelwerk

Intern dürfte es bei Amazon einige Maßstäbe für die Reaktion auf eine Rücksendung durch Kunden geben: Bestellen die Nutzer oft, ohne zurückzuschicken? Oder haben sie schon oft Produkte retourniert? Geben sie seit langer Zeit regelmäßig Geld bei Amazon aus oder sind sie neue Kunden? Außerdem dürfte es immer auf die Ware selbst ankommen, also etwa auf die Frage, welche Stückzahl noch bei Amazon vorhanden ist. (fsc, 26.12.2017)

Update, 27.12., 11:15 Uhr: Amazon hat nun auf die STANDARD-Anfrage geantwortet, der Artikel wurde aktualisiert.