Die zunehmende Digitalisierung medizinischer Dienstleistungen bietet ein neues Geschäftsfeld mit Wachstumschancen. Um Innovationen zu fördern, setzt der "Digital Health Incubator" Mindup in Haifa auf das Know-how etablierter Firmen und die Vermarktung medizinischer Technologien. Das Start-up Hemonitor entwickelt in diesem Programm ein autonomes Ultraschall-Gerät zur Beobachtung des Blutflusses.

"Digital Social Innovations" werden neue Anwendungen genannt, mit denen Möglichkeiten der Digitalisierung unter anderem im Bildungs-, Verwaltungs- oder Gesundheitsbereich genutzt werden. Dies kann zum Beispiel eine Smartphone-App sein, die mittels Augenbewegungen bedient wird und es somit Menschen mit zerebraler Bewegungsstörung ermöglicht zu kommunizieren, oder Computerprogramme, mit denen Reha- oder Demenzpatienten selbst trainieren können.

"Start-up-Nation" Israel

In der sogenannten "Start-up-Nation" Israel boomen Innovationen im Gesundheitsbereich. In medizinischen Einrichtungen werden Innovations-Werkstätten gegründet, in denen Jungunternehmen den direkten Kontakt mit den Patienten und die Erfahrungen des Personals nutzen können. So richtete zum Beispiel das Jerusalemer Alyn Hospital – ein Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche – ein "Innovation Space" zur Entwicklung neuer Assistenzsysteme ein.

"Gerade für durch Spenden finanzierte Einrichtungen ist die Schaffung von Möglichkeiten des 'Social Investment' vielversprechend", erklärte Alexander Burtscher von der Wiener Unternehmensberatung Wonderwerk der APA auf einer Lernreise mit heimischen Vertretern sozialer Einrichtungen. Wonderwerk betreut österreichische Institutionen und Unternehmen bei der Gestaltung von Dienstleistungen. Aus Israel komme in diesem Bereich viel Inspiration, so Burtscher.

"Nach dem Erfolg von Medizin-Start-ups auf dem internationalen Markt sind große Unternehmen auf das Geschäftsfeld 'Digital Health' aufmerksam geworden", berichtete der Experte. Im März 2016 nahm Israels erster "Digital Health Innovation"-Inkubator Mindup seine Tätigkeit auf. Mindup wird von der staatlichen Israel Innovation Authority finanziert und investiert 2,5 Millionen Shekel (rund 600.000 Euro) in ausgewählte Start-ups, die neue Technologien in den Bereichen Big Data, Diagnostik und Prognose, Telemedizin, Cloud-Computing, trag- und implantierbare Sensoren sowie individualisierte Medizin entwickeln. 85 Prozent der Förderung kommen in Form eines Kredites, der zurückzuzahlen ist, sobald das Start-up Gewinn macht.

Branchenübergreifenden Kooperationsprojekt

Partner des branchenübergreifenden Kooperationsprojekts sind IBM, das Medizintechnik-Unternehmen Medtronic PLC und der Venture-Capital-Fonds Pitango. Das Universitätskrankenhaus Rambam Health Care Campus unterstützt die Jungunternehmer mit klinischen Studien und anderen Leistungen.

Die Projektpartner tragen mit ihren Technologien, Expertisen, Kontakten und Netzwerken zum Erfolg der "early-stage companies" bei und halten Anteile an den Unternehmungen. Bei der Auswahl der Projekte wird daher – neben den Kriterien Bedarf, unternehmerische Expertise und technische Aspekte – auch auf die Vermarktungsmöglichkeiten geachtet, sagte Yael Segev-Ecker, Verwaltungsdirektor von Mindup. Derzeit werden vier Unternehmen evaluiert, vier weitere seien bereits in das Programm aufgenommen worden.

Eines der Start-ups, das während einer bis zu zweijährigen Periode von Mindup betreut wird, ist Hemonitor Medical Lt. von Tom Mayblum und Samer Toume. Geschäftsführer Mayblum hat fünf Jahre Erfahrung in der von der Israel Innovation Authority gegründeten Elite-Einheit "Unit 8200" des israelischen Militärs gesammelt, welche elektronische und Fernmeldeaufklärung betreibt, und bereits in Medizin-Start-ups im Bereich Ultraschall und Optik gearbeitet.

Hemonitor entwickelt ein autonom funktionierendes, tragbares Ultraschallgerät, das eine kontinuierliche und nicht-invasive Überwachung des Blutflusses von Patienten in einem kritischen Zustand und während riskanter chirurgischer Eingriffe ermöglicht, erklärte Mayblum. Damit könnten invasive Katheter ersetzt werden, mit denen aufgrund von Zeit-, Kosten- und Risikofaktoren die meisten Patienten nicht überwacht werden konnten.

"Wir dachten, Ultraschall könnte hier zum Einsatz kommen, aber bisher hat es nur Sonden gegeben, die mit der Hand bedient werden." Eine kontinuierliche Überwachung sei damit nicht möglich, so Mayblum. "Für die richtige Orientierung der Sonde und die Durchführung der Messung ist außerdem viel Erfahrung notwendig", so der Absolvent des Technion – Israel Institute of Technology.

"Daher haben wir ein unabhängig funktionierendes Ultraschall-Pflaster entwickelt, das die Hauptblutgefäße erkennt, deren Tätigkeit verfolgt und den Blutfluss kontinuierlich misst", berichtete Mayblum. Ende 2017 soll die Test- und Entwicklungsphase abgeschlossen sein, die Durchführung einer Pilotstudie ist für Anfang 2018 angesetzt. Über weitere Anwendungsgebiete werde bereits nachgedacht.

Der Inkubator halte an jeder gemeinsam aufgebauten Firma Anteile

Sollte sich die Entwicklung auf dem Markt durchsetzen, profitiere auch Mindup, erklärte Dan Shwarzman, Geschäftsführer von Mindup: Der Inkubator halte an jeder gemeinsam aufgebauten Firma Anteile. Ein potenzieller Käufer für das Start-up sei Medtronic selbst, IBM sehe sich eher als Partner, berichtete Segev-Ecker. Das Modell von MindUp, das neben der staatlichen Förderung von Innovationen auch auf der kommerziellen Verwertung der entwickelten Produkte basiere, wäre aus Burtschers Sicht gut auf Österreich übertragbar.

In Österreich hat zum Beispiel die Fachhochschule (FH) St. Pölten mit dem "St. Pölten Center for Digital Health Innovation" (CDHI) eine Schnittstelle zwischen Gesundheit, Sozialem und Digitalisierung aufgebaut. Dort werden Assistenzsysteme für Diagnostik, verbesserte Analyse- und Visualisierungsmöglichkeiten für Gesundheitsdaten oder technologische Lösungen für ältere Menschen entwickelt.

Da jedes Produkt oder System in Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt werde, müssten die jeweiligen Konsortialverträge und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Fördergeber berücksichtigt werden. "Wann immer möglich wird 'Open Source' angestrebt", hieß es seitens der FH auf Nachfrage der APA. (APA, 27.12.2017)