In sich auf die Errungenschaften der Aufklärung berufenden Gesellschaften gelten das zyklische Geschichtsbild und die damit verbundene Vorstellung, dass es keinen Fortschritt, sondern immer nur Wiederholung gebe, als Außenseiterposition für fernöstlicher Philosophie zugetane Tiefenentspannte oder resignative Fatalisten. Besonders in den zum Jahreswechsel verfassten Rückblicken findet sich diese Überzeugung selten, da sie ja in letzter Konsequenz derartige Bilanzen überflüssig macht, wenn ohnehin nichts wirklich Neues passiert ist.

Dass hierzulande der Gedanke von der Wiederkehr des schon einmal Erlebten derzeit selbst eine Wiederkehr erlebt, liegt an den Ereignissen des 15. Dezember. An diesem Tag einigten sich ÖVP und FPÖ auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung, während im Wiener Straflandesgericht die Ankündigung eines Geständnisses dafür sorgte, dass 17 Jahre nach der Bildung der ersten schwarz-blauen Koalition eine strafrechtliche Aufarbeitung der Aktivitäten eines ihrer prägendsten Proponenten ermöglicht wird.

Hierin einen sich schließenden und erneut beginnenden Kreislauf zu sehen sagt aber noch nichts über die Dauer des neuen Zyklus aus, zumal es diesmal deutlich schneller gehen könnte. Diese Vermutung beruht auf der Ernennung Herbert Kickls zum Innenminister, der mit der Annahme des Amtes Mut in eigener Sache bewiesen hat. Seit über vier Jahren versucht die Staatsanwaltschaft vergeblich, Kickl als Beschuldigten in einem Korruptionsprozess einzuvernehmen. Bislang hat der FPÖ-Generalsekretär sich mehr maus- als mannhaft – manche meinen gar, dieses würdelose Memmentum sei fehlender burschenschaftlicher Mensurpraxis geschuldet – hinter seiner parlamentarischen Immunität versteckt, die nun für den Minister nicht mehr gilt. Also kann er sich endlich den Anschuldigungen stellen. Gespannt warten wir auf seine Beantwortung der Frage, ob es sich bei der von der laut Treuhandverträgen ihm gehörenden Agentur Ideenschmiede mit der Kärntner FPÖ geschlossenen Vereinbarung – "bei Aufträgen von FPÖ-Landesregierungsbüros bekommt die FPÖ Kärnten 20 Prozent des Auftragsvolumens von der Agentur gutgeschrieben" – bereits um ein Geständnis handelt, bei dem man vielleicht im Sinne deutscher Sprachpflege auf den Anglizismus "Kickback" verzichten wollte. Bestimmt wird er erklären können, was ehemalige Mitarbeiter der Agentur meinen, wenn sie bei Polizeiverhören das Erstellen von Scheinrechnungen als gängige Firmenpraxis beschreiben und von Bargeldkoffer-Lieferungen an die Bundes-FPÖ berichten. Und natürlich wollen wir wissen, ob Kickls spätere Distanzierung von Expansionsplänen der Ideenschmiede ihre Ursache darin hatte, dass dies in Form einer steuervermeidenden Filiale in Bratislava geplant war, die unter einem eher problematischen Namen hätte agieren sollen, nämlich "IS-Ost".

Ob das alles Kickl zum "KHG von morgen" prädestiniert, ist natürlich offen. Auf jeden Fall dürfte der neue Innenminister ein paar Voraussetzungen mitbringen, um in die Fußstapfen einiger seiner Vorgänger zu treten. Zumindest in jene von Franz Olah, Karl Blecha oder Ernst Strasser. (Florian Scheuba, 27.12.2017)