Auch im kommenden Jahr könnte es den einen oder anderen Grund für Anleger geben, die Champagnerkorken knallen zu lassen.

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Wien – Unterm Strich war das Jahr 2017 für Anleger ein gutes, besonders für Aktieninvestoren. Dax, Dow und Co haben sich von einer ausgesprochen freundlichen Seite gezeigt, aber zum Teil konnte man auch mit riskanteren Anleihen, auch High-Yield-Bonds genannt, gute Erträge erzielen. Bei sicheren Staatsanleihen herrschte aber weiterhin Ertragsflaute. Ebenso für Sparbuchbesitzer, die sich in der Regel mit Verzinsungen unter der Einprozentmarke – und damit deutlich unter der heimischen Inflationsrate von zuletzt 2,3 Prozent – abspeisen lassen mussten.

An den Aktienmärkten sind besonders im siebenten Jahr einer Dekade Zuwächse erfreulich, da diese sonst durch eine hohe Anfälligkeit für Börsencrashs hervorstechen. Nicht nur dass dieses Ungemach ausgeblieben ist, stehen hinsichtlich der langfristigen Börsenzyklen die Ampeln nun auf Grün. Denn, so die gute Nachricht für die nächsten zwölf Monate: Im historischen Mittel spielen die "Achter-Jahre" jedes Jahrzehnts Kursgewinne ein. Aber nicht nur aus diesem Grund empfehlen die meisten Experten, den Aktienmärkten im nächsten Jahr die Treue zu halten.

  • Konjunktur: "Wir sind auch für 2018 optimistisch", erklärt etwa Gerold Permoser, Chief Investment Officer des Vermögensverwalters Erste Asset Management. Seine Zuversicht speist sich vor allem aus der Weltkonjunktur. Das Wachstum der Weltwirtschaft sei derzeit breiter aufgestellt als irgendwann sonst in der vergangenen Dekade – oder, wie es Permoser verbildlicht: "Der Motor läuft auf allen Zylindern."
    Ein Ende der Hochkonjunktur sieht er nicht, sondern eher, dass sich die globale Wachstumsdynamik wieder mehr zu den Schwellenländern verschiebt, die inzwischen für die Hälfte der Weltwirtschaft stehen. Dazu kommt die US-Steuerreform, von der sich Permoser zusätzliches Wachstum verspricht. "2017 ist schon sehr gut gelaufen", sagt er, "und so wird es 2018 weitergehen."
    Das sieht Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International (RBI), grundsätzlich ähnlich. In Zahlen gegossen geht er für das nächste Jahr von einem unveränderten globalen Wachstum von 3,5 Prozent aus. Wobei er einschränkt: "Allerdings muss festgehalten werden, dass die Dynamik der quartalsweisen Wachstumsraten in den kommenden zwei Jahren schrittweise abnehmen wird."
  • Aktien: Für Aktien sieht er 2018 dennoch Raum für weitere Kurssteigerungen, die aus einer guten Entwicklung der Unternehmensgewinne gespeist werden sollten. Dennoch rät Brezinschek, sich auf einen etwas holprigeren Kursverlauf, sprich einen zwischenzeitlichen Absacker um mehr als zehn Prozent, gefasst zu machen.
    Unter den Regionen haben die Experten vor allem Europa auf der Rechnung – so auch Geschäftsführer Thomas Steinberger vom Salzburger Fondsanbieter Spängler Iqam Invest wegen der recht günstigen Bewertung: "Es gibt einiges an Aufholpotenzial, wenn die Konjunktur in Europa so weiterläuft." Zurückhaltender sieht er die Wall Street, an der Aktien im historischen Vergleich bereits recht teuer seien.
    Dank eines 2018 über globalem Niveau brummenden Konjunkturmotors in Osteuropa – RBI-Chefanalyst Brezinschek rechnet mit 4,3 Prozent – sieht die RBI auch nach zwei sehr starken Jahren noch Potenzial für die Wiener Börse: Auf rund 3600 Punkte sollte der heimische Leitindex ATX steigen, das würde einem fünfprozentigen Plus entsprechen.
  • Anleihen: Was für erfolgsverwöhnte Aktienanleger nach eher magerer Kost klingt, würde den Renditehunger von Anleihenbesitzern durchaus stillen – allerdings ortet Spängler-Chef Steinberger derzeit "ein extrem unattraktives Umfeld für Anleiheninvestoren". Bonds von europäischen Firmen seien bereits "sehr teuer", die Rendite von Staatsanleihen würde auf dem Alten Kontinent kaum die Inflation übertreffen, zumal die EZB ihre Anleihenkäufe 2018 auf 30 Milliarden Euro pro Monat drosseln wird.
  • Rohstoffe: Im Rohstoffsektor stach vor allem Rohöl mit einem Anstieg um 18 Prozent beim Nordseeöl Brent hervor. Gold brachte es auf gut zehn Prozent Zuwachs. Ansonsten bemerkt Steinberger: "Rohstoffe zeigen trotz stärkeren Wachstums weiterhin nur eine schwach steigende Tendenz."
  • Währungen: Wie die meisten Analysten geht auch Brezinschek davon aus, dass die EZB der Eurozone auch nächstes Jahr trotz florierender Konjunktur bei den Zinsen eine Nulldiät verschreiben wird. Aber: "Ein Ende des Anleihekaufprogramms im September wäre der erste Schritt in Richtung Abschied von einer extrem expansiven Geldpolitik", meint der RBI-Chefanalyst. Für den Eurokurs erwartet er daher wegen zunehmender Zinsdifferenzen ein zwischenzeitliches Erstarken des Dollars.
    Im zweiten Halbjahr kann laut Brezinschek ein absehbares Ende der EZB-Nullzinsphase ein Wiederaufleben der Eurostärke bis 2019 bewirken: "Ein Anstieg auf 1,30 Dollar wäre dann durchaus realistisch." Erfreuliches weiß der RBI-Chefanalyst zudem für Nehmer von Frankenkrediten zu berichten: Er geht von einem weiteren, sukzessiven Erstarken der Gemeinschaftswährung bis auf ein Niveau von 1,20 Franken aus.
  • Risiken: Unwägbarkeiten und Risiken gibt es, gewissermaßen als Kehrseite der Investmentchancen, "natürlich zuhauf", wie Erste-Experte Permoser betont. Wobei er als geopolitisches Risiko vor allem das andauernde Säbelrasseln um Nordkorea anführt, wirtschaftlich sieht er Risiken vor allem in China wegen großer Ungleichheiten. Allerdings habe die dortige Planwirtschaft auch die Möglichkeit, damit am besten umzugehen.
    Spängler-Chef Steinberger sieht ein Anspringen der Risikoaversion als größte Gefahr, deren Eintrittschance er mit 25 Prozent beziffert. Dies würde Aktien treffen und Staatsanleihen begünstigen. Für wesentlich wahrscheinlicher hält er 2018 jedoch eine Fortsetzung des globalen Aufschwungs. (Alexander Hahn, 30.12.2017)