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George Weah versprach Veränderung und Hoffnung. Gespannt verfolgt ein Anhänger die Wahlberichterstattung auf seinem Transistorradio.

Foto: Reuters / Thierry Gouegnon

1995 wurde George Weah mit dem Ballon d'Or ausgezeichnet.

AFP / Carlo Ferraro

Monrovia/Johannesburg – Einst dribbelte er dermaßen geschickt durch die gegnerischen Abwehrreihen, dass er als erster – und bisher einziger – afrikanischer Fußballspieler mit dem Ballon d'Or ausgezeichnet wurde. Im selben Jahr, 1995, kürte ihn die Fifa auch noch zum besten Kicker der Welt. Nun kann sich George Weah einer weiteren Errungenschaft rühmen: Er wurde mit mehr als 61 Prozent der Stimmen zum Präsidenten Liberias gewählt – der erste Fußballprofi, der es nach einer glänzenden Rasenkarriere auch noch ins höchste Amt des Staates schaffte.

"Wer auf dem Spielfeld eine derartige Laufbahn hingelegt hat, der wird auch unser Land retten können", meint ein junger Anhänger von "Mister George": Eine Auffassung, die nicht alle Liberianer teilen. Vielen ist schleierhaft, warum in dem westafrikanischen Kleinstaat überhaupt jemand Präsident werden will: Schließlich wurden in den vergangenen fünf Jahrzehnten zwei Staatschefs im Amt ermordet und zwei außer Landes gejagt.

Erster Versuch vor zwölf Jahren

Weahs Vorgängerin Ellen Johnson Sirleaf, Afrikas erste Präsidentin, steuerte das von Militärputschs, Bürgerkriegen und einer Ebola-Seuche geplagte bettelarme Land immerhin zwölf Jahre lang an allen Abgründen vorbei: In blühende Landschaften vermochte Liberia allerdings auch sie nicht zu verwandeln.

George Weahs politische Ambitionen sind keine Eintagsmarotten. Der inzwischen 51-Jährige trat schon vor zwölf Jahren gegen Johnson Sirleaf an und verlor erst in der Stichwahl. Damals warf man dem Dribbelkünstler vor, gewiss auf dem Rasen, nicht aber auf dem Regierungsparkett die nötige Erfahrung zu haben: Zu dieser Zeit konnte Weah nämlich nicht einmal auf einen Schulabschluss verweisen.

Aufstieg aus den Slums

George kam am 1. Oktober 1966 in "Clara Town", einem der ärmlichsten Slums der liberianischen Hauptstadt Monrovia, zur Welt und wurde von seiner Großmutter großgezogen. Die Schule verließ er, um Schaltanlagen für die liberianische Telekom zu installieren. Schon als 17-Jähriger gelang dem passionierten Fußballspieler jedoch der Sprung nach Europa: In Monaco nahm ihn Arsène Wenger unter seine Fittiche – ihm verdanke er seine Karriere, sagt Weah heute. "Er war für mich wie ein Vater. Als der Rassismus im europäischen Fußball die schlimmsten Blüten trieb, begegnete er mir mit Liebe und Respekt."

Der junge Liberianer fiel dem französischen Trainer durch seinen Körpereinsatz, seine Schnelligkeit und seine Dribbelkünste auf: "King George" gehörte zu einer neuen Generation von Mittelstürmern, die nicht nur im Strafraum auf ein Zuspiel warten. Schon ein Jahr später wurde Weah zum afrikanischen Spieler des Jahres gekürt und brachte Monaco schließlich ins Finale des Europacups. Später wechselte er von einem Top-Club zum nächsten: Paris Saint-Germain, AC Mailand, Chelsea und Manchester United. Bayern-Fans werden "King George" in schlechter Erinnerung haben: Mit einem atemberaubend erdribbelten Treffer ins Lattenkreuz schoss er die Münchner 1994 in deren Olympiastadion aus der Champions League. Zwei Jahre später wurde er "afrikanischer Fußballer des Jahrhunderts".

Matura und Studium

Als 40-Jähriger machte Weah die Matura nach, setzte noch ein kleines Betriebswirtschaftsstudium drauf und ließ sich schließlich in den Senat wählen. Auf die Ziele seiner Politik angesprochen, wusste Weah vor seinem Wahlerfolg allerdings eher Allgemeinplätze von sich zu geben: Arbeitsplätze sollen geschaffen, Wasser und Elektrizität in möglichst viele Dörfer verlegt werden. Auf die Frage, wie das im Einzelnen geschehen soll, verwies der Kandidat auf die Zeit nach den Wahlen: "Erst müssen wir einmal gewinnen. Dann werde ich mich mit meinem Team zusammensetzen und die Strategie festlegen."

In einer Hinsicht hat sich der neue Präsident zumindest in den Augen ausländischer Beobachter bereits verdribbelt: als er ausgerechnet die ehemalige Ehefrau des Ex-Diktators Charles Taylor zu seiner Co-Kandidatin machte. Jewel Taylor, die mit ihrem Ex-Mann noch immer in engem Kontakt stehen soll, hat Weah mit den Stimmen des bevölkerungsreichen Bong County versorgt: Der Fußballstar hat so zumindest politisches Gespür bewiesen. Auf Belege seiner Führungskraft müssen die Liberianer noch warten. (Johannes Dieterich, 29.12.2017)