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Nach Ansicht der russischen Gesetzgeber dürfte der Wodka light schnell zum Exportschlager werden.

Foto: REUTERS/Heino Kalis

Kurz vor Silvester haben Polizisten in der Kleinstadt Alexandrow, 100 Kilometer von Moskau entfernt, ein Geschäft mit gepanschtem Alkohol hochgenommen. Die Gesetzeshüter beschlagnahmten 1800 Flaschen Wodka und eröffneten ein Strafverfahren gegen die Besitzerin des Ladens. Ihr drohen nun bis zu drei Jahre Haft.

Alkoholvergiftungen durch gepanschten Wodka treten in Russland immer wieder auf – gerade zu Neujahr. Doch nun wollen ausgerechnet die russischen Abgeordneten selbst "panschen". Der Föderationsrat, das Oberhaus des Parlaments, berät nämlich darüber, das "Reinheitsgebot" für Wodka aufzuweichen und den Alkoholgehalt (geringfügig) zu senken. Eigentlich gelten in Russland 40 Prozent für Wodka als Standard, doch eine Gruppe von Senatoren will nun die Untergrenze auf 37,5 Prozent herabsetzen. Die entsprechende Gesetzesänderung könnte bereits am 1. Juli nächsten Jahres in Kraft treten.

Hintergrund sind wirtschaftliche Erwägungen: Mit 37,5 Prozent Ethylanteil wird der Wodka einfach billiger in der Produktion. Pro Liter ergebe sich eine Ersparnis von sieben Rubel (umgerechnet zehn Eurocent), rechnete der Direktor des "Zentrums für die Erforschung des föderalen und regionaler Alkoholmärkte", Wadim Drobis, vor.

Schuld ist der Westen

Hinter dem Gesetz dürfte der russische Spirituosenverband stehen, der unlauteren Wettbewerb aus dem Westen beklagt. Die bisherige Gesetzeslage sei für den russischen Wodka "diskriminierend" gewesen, meint der Präsident des Verbands, Igor Kosarjew: "Wir können keinen Wodka mit 37,5 Prozent herstellen und exportieren. Andere Länder wie Finnland und Polen können solchen Wodka machen, und der ist im Regal natürlich billiger, weil in den meisten Ländern die Steuer entsprechend dem Alkoholgehalt erhoben wird", beklagte er.

Nach Ansicht der russischen Gesetzgeber dürfte der Wodka light schnell zum Exportschlager werden. Bis 2012 habe Russland 14,2 Millionen Hektoliter Wodka produziert, "aber vor fünf Jahren ist der Absatz auf 7,2 Millionen gefallen", erklärte Senator Sergej Rjabuchin, einer der Initiatoren des neuen Gesetzes. Europäische Produzenten hätten einfach mithilfe von Dumping Marktanteile gewonnen, beklagte er. Diese wolle Russland nun zurückgewinnen.

Auf den Geschmack werde die Senkung keinen Einfluss haben, versprach Rjabuchin. Drobis seinerseits versicherte, dass der niedrigere Alkoholgehalt den Wodka sogar noch schmackhafter machen werde, und verwies dabei ausgerechnet auf eine große Ladung selbstgebrannten Wodkas, die "wegen des milden Geschmacks" reißenden Absatz gefunden habe.

Dass die meisten Russen allein 40-Prozentigen für den einzig wahren Wodka halten, basiert übrigens auf einem Irrglauben. Angeblich soll nämlich der Chemiker Dmitri Mendelejew 40 Prozent als "Formel" für Wodka entdeckt haben. Tatsächlich nannte Mendelejew vor 150 Jahren jedoch einen Gehalt von 46 Prozent "optimal".

Die heutige Trinkgewohnheit der Russen geht auf eine Reform von Finanzminister Sergej Witte zurück, der das staatliche Monopol und einheitliche Standards in der profitablen Alkoholproduktion durchsetzte. (André Ballin aus Moskau, 30.12.2017)