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Stefan Kraft wird bei der 66. Vierschanzentournee nicht mehr um den Gesamtsieg mithüpfen.

Foto: REUTERS/Michael Dalder

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Der Pole Kamil Stoch fliegt seinem zweiten Tourneesieg en suite entgegen. In Garmisch landete er seinen 24. Weltcup-Erfolg.

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Garmisch-Partenkirchen – Das der Vierschanzentournee eigene, seit 1996/97 angewandte K.-o.-System für höhere Spannung in ersten Durchgängen hat der 66. Auflage aus österreichischer Sicht schon im zweiten Springen viel an Spannung genommen. Denn Doppelweltmeister Stefan Kraft, nach Rang vier zum Auftakt in Oberstdorf in Schlagdistanz auf einen Podestplatz in der Gesamtwertung, scheiterte schon im ersten Durchgang des Neujahrsspringen zu Garmisch-Partenkirchen.

Mit dem Salzburger stürzte das gesamte Team ab. Gregor Schlierenzauer belegte als bester Österreicher Rang 19, gefolgt von Michael Hayböck. Nur diese beiden schafften es von Trainer Heinz Kuttins Sextett ins Finale. Ein derart schlechtes Tournee-Ergebnis widerfuhr Österreichs Skispringerei zuletzt 1979. Damals kam ein gewisser Alfred Groyer aus Villach im Neujahrsspringen ebenfalls auf Rang 19.

Kraft "bisschen ratlos"

Kraft, schon in der Qualifikation und im Probedurchgang weit hinter seinem Leistungsvermögen auf dem großen Olympiabakken, verlor sein Duell mit dem eher unbekannten 20-jährigen Slowenen Ziga Jelar nach einem matten, durch Rückenwind stark beeinträchtigten Satz auf 122,5 Meter und kam auch nicht als einer der fünf "glücklichen Verlierer" in die Entscheidung. "Ich bin leider ein bisschen ratlos. Das Gespür ist komplett flöten gegangen", sagte der quasi unglücklichste Verlierer nach dem 31. Rang.

Nach herkömmlicher Weltcupwertung hätte der Tourneesieger von 2015 als 22. die Entscheidung in Angriff nehmen und wenigstens Schadensbegrenzung betreiben können. Nach einiger Zeit der Sammlung entrang sich der 24-Jährige immerhin ein paar aufmunternde Worte für sich selbst und die Fans: "Ich grüble jetzt nicht mehr groß herum. Ich freue mich auf Innsbruck und Bischofshofen, vielleicht geht es da besser. Es kann sich ja sehr schnell alles drehen."

Eine Wendung zum Besseren hätte das gesamte österreichische Team bitter nötig. Denn während der Pole Kamil Stoch mit Sprüngen auf 135,5 und 139,5 Metern sowie seinem zweiten Tagessieg einen wichtigen Schritt Richtung Titelverteidigung tat und Richard Freitag mit neuerlich Rang zwei die Hoffnungen der Deutschen lebendig hielt, setzte es für die Co-Gastgeber der Tournee ein schweres Debakel.

Kollektives Scheitern

Neben Kraft scheiterten Manuel Fettner, Daniel Huber und Clemens Aigner zum Teil kläglich an der Qualifikation für das Finale. Gregor Schlierenzauer freute sich zunächst über einen Satz auf 129,5 Meter, vergab dann aber mit 127,5 Metern die gute Ausgangsposition und fiel vom 13. auf den 19. Rang zurück. Hayböck konnte zumindest sein Ergebnis von Oberstdorf (27.) verbessern, fliegt aber seiner Form weit hinterher. "Es ist nicht einfach, vor allem, wenn das Zugpferd Krafti einen schlechten Tag erwischt", sagte der Oberösterreicher.

Schlierenzauer verwand seine Enttäuschung schnell: "Ich bin nicht unzufrieden, aber inkonstant. Die Luft im Spitzensport ist eben sehr dünn." Für Kraft hatte der Tiroler einen guten Rat parat: "Er muss das runterschlucken und in Ruhe analysieren. Am Bergisel schaut das anders aus."

Chefcoach Kuttin tat die Ohrfeige nach außen hin nur "ein bisschen weh. Es war ein rabenschwarzer Tag, wir werden morgen einen Schritt setzen, dass wir in Innsbruck wieder gut dastehen." Das für Dienstagnachmittag angesetzte Eisstockschießen mit Journalisten kann der Kärntner kaum gemeint haben. Ernst Vettori, der Spartenchef des Skiverbandes, nahm die Verantwortung für die Pleite auf sich: "Es ist kollektiv der Wurm drinnen. Und wir wissen eigentlich nicht, warum." Um Kraft sorgt sich Vettori nicht: "Der kann schon in Innsbruck gewinnen." (Sigi Lützow, 1.1.2018)

Ergebnis Garmisch-Partenkirchen

1. Kamil Stoch (POL) 283,4 (135,5/139,5)
2. Richard Freitag (GER) 275,8 (132,0/137,0)
3. Anders Fannemel (NOR) 270,2 (132,5/136,5)
4. Junshiro Kobayashi (JPN) 269,2 (137,0/131,5)
5. Tilen Bartol (SLO) 268,9 (136,0/133,5)
6. Andreas Stjernen (NOR) 268,7 (132,0/137,5)
7. Karl Geiger (GER) 268,2 (136,0/133,5)
8. Peter Prevc (SLO) 266,9 (129,0/138,0)
9. Johann Andre Forfang (NOR) 263,4 (124,0/138,5)
10. Stephan Leyhe (GER) 263,3 (130,5/137,5)
11. Andreas Wellinger (GER) 261,2 (125,5/138,0)
12. Dawid Kubacki (POL) 260,7 (126,5/133,5)
13. Jernej Damjan (SLO) 259,3 (126,0/138,0)
14. Markus Eisenbichler (GER) 258,1 (128,5/136,5)
15. Daniel-Andre Tande (NOR) 256,4 (120,5/139,0)
16. Halvor Egner Granerud (NOR) 255,7 (132,0/132,0)
17. Robert Johansson (NOR) 250,5 (123,5/132,0)
18. Maciej Kot (POL) 249,0 (129,0/133,0)
19. Gregor Schlierenzauer (AUT) 247,7 (129,5/127,5)
20. Michael Hayböck (AUT) 245,3 (125,0/130,0)

21. Ziga Jelar (SLO) 238,6 (125,5/124,0)
22. Timi Zajc (SLO) 237,4 (118,5/134,0)
23. Taku Takeuchi (JPN) 237,2 (124,5/126,5)
24. Constantin Schmid (GER) 236,3 (128,5/124,0)
25. Piotr Zyla (POL) 233,7 (122,5/126,0)
26. Jewgenij Klimow (RUS) 233,4 (119,5/130,0)
27. Stefan Hula (POL) 233,2 (119,5/126,0)
28. David Siegel (GER) 231,5 (126,5/123,5)
29. Ryoyu Kobayashi (JPN) 231,1 (121,5/121,0)
30. Gregor Deschwanden (SUI) 230,2 (121,5/129,5)

U.a. nicht für den 2. Durchgang qualifiziert:

31. Stefan Kraft 122,5 m/117,4 Punkte
35. Clemens Aigner 118,5/108,1
47. Manuel Fettner 113,0/94,6
48. Daniel Huber (alle AUT) 109,5/92,6

Gesamtwertung nach dem zweiten Bewerb

1. Stoch 563,1 Punkte
2. Freitag 551,3
3. Kubacki 530,8
4. J. Kobayashi 526,3
5. Fannemel 525,5
6. Forfang 518,7
7. Wellinger 515,2
8. Eisenbichler 513,2
9. Bartol 510,6
10. Geiger 509,3
Weiter:
15. Schlierenzauer 493,7
22. Hayböck 469,3
27. Kraft 380,2
37. Aigner 207,4
42. Fettner 189,4
51. Huber 92,6