Endlich wieder Advent! Noch vier Sonntagskerzen muss der geneigte NFL-Fan ausblasen, bis er sich auf einer Super-Bowl-Party den Bauch vollschlagen kann. Hat sich Ihr Team mal wieder verfrüht in die Offseason verabschiedet? Oder, viel schlimmer: Haben Sie noch keiner NFL-Franchise die Treue geschworen? DER STANDARD hilft zum Start der Playoffs am Samstag mit einer Orientierungshilfe aus.

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Die New England Patriots sind Ihr Team, wenn …

… Sie bei "Star Wars" dem Imperator die Daumen drückten und Sauron immer schon ziemlich cool fanden.

Wer die New England Patriots nicht liebt, hasst sie. Und das sind in der Welt des Footballs ziemlich viele Menschen. Dunkler Herrscher / Head Coach Bill Belichick und Cyborg/Quarterback Tom Brady haben den Erfolg so sehr gepachtet, wie man das in der wechselhaften NFL nur tun kann. Drei gewonnenen Super Bowls zu Beginn ihrer Zusammenarbeit folgte eine zehnjährige Titel-Flaute, zwei der letzten drei Finali gingen aber wieder standesgemäß an die Franchise aus Boston. So viel Erfolg schafft Antipathie, Skandale wie "Spygate", als Belichick die codierten Signale gegnerischer Teams abfilmen ließ, tun ihr Übriges.

Bei einer seiner letzten Wahlkampfveranstaltungen verlas Donald Trump einen glühenden Unterstützungsbrief Belichicks, Teambesitzer Robert Kraft war stets ein treuer Unterstützer. Zum sportlichen Drüberstreuen pflegen die Patriots ihre Gegner auf herzzerreißendste Arten verlieren zu lassen (siehe Super Bowl 49 und Super Bowl 51). Freilich, da können sie nichts dafür, aber Sport-Fantum muss ja nicht rational sein. Ja, man kann die Patriots auch mögen, dann hat man die größten Jubelchancen. Sie sind die Favoriten – auch, weil der Weg ins Finale in der AFC wohl der deutlich leichtere ist.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Jim Rogash

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Die Pittsburgh Steelers sind Ihr Team, wenn …

… Sie Tradition schätzen und die Patriots nicht mögen.

Die Pittsburgh Steelers haben als einziges Team sechs Championships gewonnen, zwei davon im aktuellen Jahrtausend. Viel wichtiger im aktuellen Kontext: Sie sind der stärkste Herausforderer der großen, bösen Patriots. Vorweg: Die schwarz-gelben Handtuchschwenker aus der Stahlstadt sind auch nicht makellos, Quarterback Ben Roethlisberger haften Vergewaltigungsvorwürfe aus den Jahren 2009 und 2010 an – in einem der Fälle gab es eine außergerichtliche Einigung, im anderen kam es zu keiner Anklage. Seitdem hat sich "Big Ben" aber einen Ruf als geläuterter Mann erarbeitet: mit einer strenggläubigen Christin verheiratet, drei Kinder, Foundation. Quasi das NFL-Quarterback-Standardpaket.

Aber nun zum Positiven: Die Steelers haben mit Running Back LeVeon Bell und Wide Receiver Antonio Brown das beste Boden-Luft-Duo, seit es Raketen gibt. Der 35-jährige Roethlisberger kann an guten Tagen Spiele entscheiden – an schlechten allerdings auch zugunsten des Gegners. In den vergangenen Spielen sorgte Rookie-Receiver JuJu Smith-Schuster nicht nur mit seinem fantastischen Namen, sondern auch mit überragendem Speed und zahlreichen Big Plays für Furore.

Das über den Playoff-Heimvorteil entscheidende Regular-Season-Spiel gegen die Patriots verloren die Steelers wegen der tausendfach kritisierten Catch-Regel in letzter Minute, ein mögliches Conference Final der zwei besten AFC-Teams würde also auf dem gefrorenen Boden von Foxborough stattfinden.

Foto: Reuters/Charles LeClaire-USA TODAY Sports

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Die Jacksonville Jaguars sind Ihr Team, wenn …

… Sie auf From-Zero-to-Hero-Storys stehen.

Der letzte Jaguars-Besuch in den Playoffs ist schon ein Zeiterl her. Konkret war es der 12. Jänner 2007, als die Jaguars den – ja, richtig – New England Patriots im Divisional Playoff unterlagen. Schon seit Jahren hätte es immer wieder "ihre Saison" sein sollen. Nun ja, die Siege und Niederlagen der letzten sechs Jahre: 2-14, 4-12, 3-13, 5-11, 3-13, 10-6.

Ja, es hat gereicht. Trotz, aber auch ein kleines bisschen wegen Quarterback Blake Bortles. Der 25-Jährige war nach dreieinhalb Jahren schon als Flasche abgestempelt, fand gegen Ende der Regular Season aber auf wundersame Weise seine Form. Kann er die halten, sind die Jaguars dank der besten Defense der Liga und Running-Back-Maschine Leonard Fournette Kandidaten für Großes. Sollte Bortles wieder bortlen, werden spätestens die Steelers ein zu dickes Brett für Jacksonville.

Foto: Reuters/Jim Brown-USA TODAY Sports

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Die Kansas City Chiefs sind Ihr Team, wenn …

…Sie gerne menschgewordenen Blitzen zusehen.

Die Kansas City Chiefs hatten lange Jahre eine einschläfernde Offense. Alex Smith war der Buchhalter unter den Quarterbacks, bei jedem seiner Drei-Yard-Pässe sagte irgendwo in Missouri ein Kind der NFL Adieu. Schon 2016 lief es besser, ein Playoff-Sieg schaute trotzdem nicht heraus. Dann der 7. September, Saisonauftakt: Die Schnarch-Chiefs schenken den Patriots 42 Punkte ein.

Rookie-Running-Back Kareem Hunt und Wide Receiver Tyreek Hill sorgten für Feuerwerke, bis die Chiefs zur Saisonmitte in ein mysteriöses Loch fielen und sechs von sieben Spielen verloren. Da davor und danach aber fünf bzw. vier Siege standen, gewann das Team von Andy Reid seine Division und darf hoffnungsvoll in die Postseason gehen – haben sie doch die Nummer-eins-Seeds beider Conferences besiegt. Aber bei allem Licht bringt Receiver Hill eine gewaltige Schattenseite mit: Er schlug und würgte während seiner College-Zeit seine schwangere Freundin und wurde dafür rechtskräftig verurteilt.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Peter Aiken

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Die Tennessee Titans sind Ihr Team, wenn …

… Sie am liebsten ungesalzene Nudeln essen. Oder betrunken mit Fischen winken.

Vor der Saison galten die Titans als Favorit der AFC South, in der jüngeren Vergangenheit eine eher marode Division. Der Division-Titel wurde trotz des einfachsten Spielplans der Liga verpasst, der Playoff-Einzug ist, nun ja, passiert. Es fühlt sich schon etwas vergessen an, wie Marcus Mariota und Co. den Jaguars und Seattle Seahawks in Woche 2 bzw. 3 insgesamt 70 Punkte einschenkten.

Danach: mau. Das Team ohne Eigenschaften hätte den Cleveland Browns beinahe ihren einzigen Saisonsieg gegönnt, ließ sich in der Overtime aber zum 12:9 hinreißen. Das Wild-Card-Spiel gegen Kansas City ist der Auftakt zu den Playoffs und auf dem Papier ein Gähner, man darf also mit einem 41:38 rechnen. Noch etwas Positives? Die Offensive Linemen der Titans besuchen ein NHL-Spiel, betrinken sich dabei und schwenken Welse.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Wesley Hitt

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Die Buffalo Bills sind Ihr Team, wenn …

… Sie ein Herz für Feel-Good-Storys und Underdogs haben.

Die Saison der Buffalo Bills war schon vorbei, als sie in die Playoffs einzogen. Die Baltimore Ravens hätten nur ihren Sieg über die blutleeren Cincinnati Bengals abholen müssen, ließen sich von deren Quarterback Andy Dalton aber in einer maximal aussichtslosen Situation einen 49-Yard-Touchdown umhängen und verloren so auf wundersame Weise Spiel und Playoff-Platz. Also blieben den armen Bills-Spielern Floridas Strände vorerst verwehrt, stattdessen müssen sie in der Wild-Card-Runde nach Jacksonville, Florida.

Der Clou: Es war der erste Playoff-Einzug der Bills seit 1999. Die als #BillsMafia bekannten Anhänger der leidgeprüften Franchise revanchierten sich bei ihrem Retter Dalton übrigens mit Spenden für seine Foundation, es kamen zigtausende Dollar zusammen. Wer könnte diesem Team nicht die Daumen drücken? (Hinweis: Menschen, die nicht verlieren wollen. Die Bills sind für die Klasseteams der NFL ein Jausengegner.)

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Tom Szczerb

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Die Philadelphia Eagles sind Ihr Team, wenn ...

... Sie eine saftige Jetzt-erst-recht-Mentalität haben.

Die Eagles waren das kompletteste Team der Liga, führten die NFC an, und Quarterback Carson Wentz war im Rennen um den MVP-Award. Alles eitel Wonne. Bis zum 10. Dezember. Gegen die Los Angeles Rams sprang Wentz beim Stand von 24:28 über die Linie zur Endzone, sein rechtes Knie wurde zwischen zwei Rams-Verteidigern eingequetscht. Kreuzbandriss.

Die Eagles retteten sich alles andere als souverän über die drei verbleibenden Regular-Season-Spiele, verloren aber nur die letzte, sportlich bedeutungslose Partie gegen Dallas. Der Dezember offenbarte, dass QB-Ersatzmann Nick Foles ein klares Downgrade ist. Die Punktefabrik streikte, aus den Conference-Favoriten wurde ein Team mit Fragezeichen.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/KEVORK DJAN

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Die Minnesota Vikings sind Ihr Team, wenn …

… Sie auf From-Zero-to-Hero-Storys stehen und die Jaguars nicht mögen.

Was man über die Jaguars schrieb, könnte man so ähnlich auch über die Vikings schreiben. Quarterback Case Keenum war ein gesichtsloser Bankwärmer, bis Nummer eins Sam Bradford im Oktober wie gefühlt jeden Herbst wegen einer schweren Knieverletzung ausfiel. Keenum kam, sah und spielte eine blitzsaubere Saison.

Die Väter des Erfolgs sind trotzdem andere: Die Vikings haben die statistisch zweitbeste Defense der Liga. Der große Bonus der Wikinger: Sie könnten als erstes Team den Einzug in eine Super Bowl im eigenen Stadion schaffen.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Dave Regine

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Die Los Angeles Rams sind Ihr Team, wenn ...

... Sie St. Louis hassen, aber gutes Coaching und Dampfwalzen mögen.

Man muss sich ja verhöhnt vorkommen in St. Louis. In der zweiten Saison nach der Rückkehr nach Los Angeles gelingt den Rams die erste Winning Season seit 2003. Das liegt zu einem guten Teil am erst 31-jährigen Head Coach Sean McVay, unter dem Quarterback Jared Goff in seinem zweiten Jahr einen gewaltigen Schritt machte.

Die Stars des Teams sind Running Back Todd Gurley, der in etwa so leicht festzuhalten ist wie eine Dampfwalze, und Defensive Tackle Aaron Donald, dem das wohl als einzigem Menschen auf dieser Weltkugel zuverlässig gelingen würde. Und dann ist da noch die Geheimwaffe: Johnny Hekker ist bisher der beste Punter, den die NFL je gesehen hat. Bitter für die Rams, dass sich Nicht-ganz-so-geheim-Waffe Greg Zuerlein verletzte, einen der besten Kicker der Liga ersetzt nun ein gewisser Sam Ficken.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Wesley Hitt

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Die New Orleans Saints sind Ihr Team, wenn …

…Sie jugendlicher Wildheit und einem gealterten Nice Guy Erfolg wünschen.

Jugend forscht bei den Saints. Das Durchschnittsalter der heurigen Schlagzeilenschreiber, exemplarisch seien Running Back Alvin Kamara und der vierfache Rookie of the Week Marshon Lattimore erwähnt, geht gefühlt in eine Richtung, in der man sich in den USA noch kein Feierabendbier gönnen darf. Beziehungsweise: Ginge in diese Richtung, wenn da nicht Drew Brees wäre. Der Quarterback hat mit 38 Lenzen alle Routine dieser Welt. Er, das muss auch ein Unterstützer des Erzfeinds anerkennen, ist ein durchaus liebenswerter Typ, war schon Super-Bowl-MVP, half beim Post-Katrina-Wiederaufbau von New Orleans mit seiner Foundation fleißig mit.

Brees könnte durchaus der berühmte X-Factor sein, durch die Regular Season wurden die Saints aber von Laufspiel und einer verjüngten Defense getragen. Head Coach Sean Payton gilt als nicht erst seit seinem Überraschungs-Onside-Kick auf der größtmöglichen Bühne als Genie. Wer die Saints unterschätzt, ist selbst schuld.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Chris Grayt

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Die Carolina Panthers sind Ihr Team, wenn ...

... Sie ein Auge zudrücken können und harten, ehrlichen Football mögen.

#metoo brachte auch in der NFL einige grausige Gestalten zu Fall. Die prominenteste darunter: Panthers-Teambesitzer Jerry Richardson verkauft die Franchise, nachdem bekannt wurde, dass er mehrere Mitarbeiterinnen sexuell belästigt hatte und einen Scout rassistisch beleidigt hatte. Abseits dessen legte der 81-jährige Ex-Football-Profi mehrfach die Mentalität eines Südstaaten-Plantagenbesitzers aus früheren Jahrhunderten an den Tag, so ließ er sich nur als "Mister" ansprechen und war im Lockout um die Kollektivvertrags-Verhandlungen 2011 der größte Hardliner unter den Ownern. Zitat: "We have to take back our league!"

Zum Sportlichen: Ja, "harter und ehrlicher Football" ist ein Euphemismus für "Passspiel läuft nur mittelprächtig". Defense und Special Teams brachten den Panthers das Playoff-Ticket, die Offense lebt fast nur vom Laufspiel – völlig anders als noch vor zwei Jahren, als Zahnpastenmodel Cam Newton und Co erst in der Super Bowl verloren.

Foto: Reuters/Ed Mulholland-USA TODAY Sports

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Die Atlanta Falcons sind Ihr Team, wenn ...

... Sie Rache wollen. Oder Erlösung. Eher Rache.

Es war eine der bittersten Niederlagen der Sportgeschichte. 28:3 führten die Falcons in der vergangenen Super Bowl gegen die New England Patriots, das Spiel schien entschieden. Aber die Patriots sind eben die Patriots, siehe Bild 1, und diese Patriots schafften 50 Sekunden vor Schluss den Ausgleich und holten in der Overtime den Sieg.

Eine Gnackwatsch'n, wie man sie als Sportler hoffentlich nur ein Mal erlebt. Nach einem 4-4-Start in die Saison erfingen sich die Falcons in ihrer ersten Spielzeit im brandneuen Mercedes-Benz Stadium und verloren nur mehr gegen die Kaliber Minnesota und New Orleans. Die Offense konnte die historischen Statistikwerte des Vorjahres nicht bestätigen, für die Playoffs reichte es trotzdem. (Martin Schauhuber, 5.1.2018)

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Gregory Shamus

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Lieblingsteam gefunden? Wunderbar. Zum besseren Überblick hier die Setzlisten und Termine der Wild-Card-Games. Im Divisional Playoff spielt dann jeweils der #1-Seed gegen den höchsten verbliebenen Seed, bei Favoritensiegen in der AFC also beispielsweise Patriots vs. Chiefs.

AFC:
#1 Patriots (13-3)
#2 Steelers (13-3)
#3 Jaguars (10-6)
#4 Chiefs (10-6)
#5 Titans (9-7)
#6 Bills (9-7)

NFC:
#1 Eagles (13-3)
#2 Vikings (13-3)
#3 Rams (11-5)
#4 Saints (11-5)
#5 Panthers (11-5)
#6 Falcons (10-6)


Wild-Card-Runde:

Samstag, 6. Januar:
Titans at Chiefs – 22:00 Uhr
Falcons at Rams – 1:55 Uhr


Sonntag, 7. Januar:
Bills at Jaguars – 18:30 Uhr
Panthers at Saints – 22:20 Uhr

Foto: AP Photo/David J. Phillip