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Die Demonstranten riefen "Das Volk will wirtschaftliche Alternativen".

Foto: REUTERS/Youssef Boudlal

Wien – In der nordmarokkanischen Stadt Jerada kommt es seit Tagen zu Protesten. Auch am Dienstag gingen Tausende auf die Straße und warfen der Regierung in Rabat vor, die Bergwerksregion an der Grenze zu Algerien zu vernachlässigen.

Anlass ist der Tod der Brüder Houcine (23) und Jedouane (30) Dioui, die bei einem Wassereinbruch in einer stillgelegten Mine ums Leben kamen. Sie bauten wie viele Bewohner der Provinz Jerada illegal Kohle ab, um so ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Illegale Bergwerke

Seit die Regierung 1998 verkündet hat, der Kohleabbau sei nicht mehr rentabel genug, stehen die Bergwerke offiziell still. Doch vier "Barone" in Jerada verfügen weiter über offizielle Bergbaulizenzen, die sie benutzen, um illegal abgebaute Kohle aufzukaufen und gewinnbringend im ganzen Land abzusetzen, berichtet die "NZZ".

Die Dioui-Brüder arbeiteten 85 Meter unter der Erdoberfläche, als einer von ihnen beim Stollenvortrieb eine Wasserader traf, berichtete Abderrazak Daioui, der sich retten konnte, der Nachrichtenagentur AFP. Als die Rettungskräfte nach 36 Stunden die Unglücksstelle erreichten, waren beide tot.

Neun Euro am Tag

Ein Bergarbeiter kann bis zu 100 Dirham (etwa neun Euro) am Tag verdienen. Früher waren in der Kohlegrube 9.000 Arbeiter beschäftigt, seit ihrer Schließung ist die Einwohnerzahl Jeradas von 60.000 auf unter 45.000 gefallen.

Die Proteste erinnern an die Kundgebungen der "Hirak Al-Shabi" ("Volksbewegung"), die vor einem Jahr weite Teile der Rif-Region lahmlegten. Der Anlass war damals der Tod des Fischhändlers Mouhcine Fikri, der von einer Müllpresse zerquetscht wurde, als er einen Schwertfisch retten wollte, den die Polizei beschlagnahmt hatte, weil er in der Schonzeit gefangen worden war.

Demonstranten stellen sich vor die Polizei, um diese vor Angriffen zu schützen.

Die Regierung in Rabat signalisiert Gesprächsbereitschaft: Premierminister Saas Eddine El Othmani will demnächst Abgeordnete aus Jerada treffen, und Energieminister Aziz Rebbah versprach den Bau eines Kohlekraftwerks, in dem 500 Menschen Arbeit finden sollen. Außerdem soll eine Studie in Auftrag gegeben werden, um das Bergbaupotenzial der Region einschätzen und Investoren anlocken zu können. (bed, 4.1.2017)