Wien – Die ÖVP behauptet, in der Dirty-Campaigning-Affäre aus dem Nationalratswahlkampf alle Klagen gegen die SPÖ sowie deren ehemaligen Berater Tal Silberstein einzustellen. "Wir sind mit Sebastian Kurz und der neuen Volkspartei angetreten, einen neuen Stil in der Politik zu etablieren. Dazu gehört auch, Vergangenes ruhen zu lassen", erklärte die Volkspartei am Montag.

Sämtliche Klagen und Anzeigen gegen die SPÖ und Tal Silberstein beim Handelsgericht Wien und dem Landesgericht für Strafsachen in Wien würden nicht weiterverfolgt, hieß es aus der ÖVP. Mit dem Silberstein-Partner Peter Puller habe man bereits einen Vergleich durchgesetzt.

ÖVP sieht keinen Klärungsbedarf mehr

In der Causa ging es um verdeckte Pro- und Anti-Sebastian-Kurz-Facebook-Seiten, die ein Team rund um Puller im Auftrag von SPÖ-Berater Silberstein erstellt hatte. Dabei hatte die ÖVP den Vorwurf der Verhetzung und des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz aufgrund teils antisemitischer Inhalte auf diesen Seiten erhoben. Gegenüber Puller wurde der Vorwurf der Kreditschädigung und üblen Nachrede laut.

Die ÖVP betonte am Montag auch, dass die Staatsanwaltschaft alle Vorwürfe, die die SPÖ gegen Mitarbeiter von ÖVP-Chef Sebastian Kurz erhoben hatte, bereits entkräftet habe. Daher gebe es an einer Klarstellung keinen weiteren Bedarf. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte bereits im November bestätigt, dass sie kein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Sprecher und jetzigen Kommunikationschef von Kurz einleitet. Die SPÖ hatte zuvor eine Anzeige eingebracht und dem Sprecher vorgeworfen, Puller 100.000 Euro für Informationen über den SPÖ-Wahlkampf geboten zu haben.

SPÖ widerspricht

Der interimistische SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter widersprach am Montag allerdings der Behauptung, dass die ÖVP alle Klagen gegen die SPÖ und Silberstein eingestellt habe: Das sei "schlicht falsch". Die ÖVP habe der SPÖ lediglich "ewiges Ruhen" für zwei anhängige Verfahren vorgeschlagen. Der SPÖ-Anwalt werde dieses Angebot jetzt eingehend prüfen.

Mit der von der ÖVP vorgeschlagenen Vereinbarung würde einerseits eine bisher vom Gericht nicht geprüfte – und aus Sicht der SPÖ aussichtslose – Klage der ÖVP gegen die SPÖ nicht weiterverfolgt. Betroffen wäre aber auch die Klage der SPÖ gegen Kurz wegen dessen Behauptungen über angebliche Spenden an die SPÖ im Wahlkampf. Hier hat die SPÖ in erster Instanz eine einstweilige Verfügung gegen Kurz erwirkt. Der Vorschlag des "ewigen Ruhens" würde auch bedeuten, dass beide Seiten die Kosten des Verfahrens selbst tragen müssten.

Für Matznetter liegt "der Verdacht nahe, dass die ÖVP die Klagen in der Vergangenheit lediglich als wahltaktisches Manöver eingesetzt hat und jetzt kein Interesse mehr an einer gerichtlichen Klärung hat". (APA, red, 8.1.2018)