Gefestigt: Premier Hüseyin Özgürgün nach der Parlamentswahl in Nordzypern.

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Nikosia/Athen – Die Glückwunschadresse aus dem Präsidentenpalast in Ankara traf zu Mittag ein, als alle Stimmen ausgezählt waren und Hüseyin Özgürgüns Regierungspartei noch weiter zugelegt hatte. Der türkische Staatschef Tayyip Erdoğan zeigte sich am Montag zufrieden über die Wiederwahl seines Schützlings in Lefkosa.

Parlamentswahlen im türkischen Teil Zyperns finden dabei normalerweise wenig Aufmerksamkeit: Das politische System ist halbpräsidentiell und der Staat international sowieso nur von der Schutzmacht Ankara anerkannt. Doch diesmal wurde das Ergebnis im türkischen wie im griechischen Teil der Insel von Beobachtern mit viel Bitterkeit kommentiert.

"Wir haben alle verloren!"

"Es sieht so aus, dass, selbst wenn alle türkischen Zyprer ihr Gewicht auf eine Seite legten, sie nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Zukunft zu bestimmen", twitterte Hüseyin Harmani, ein IT-Lehrer in Famagusta, der sich als nachrichtensüchtiger politischer Aktivist bezeichnet: "Die Geschichte wird diese Wahl als letzte bedeutende Anstrengung der türkischen Zyprer zu überleben festhalten. Wir haben alle verloren!"

Fiona Mullen, eine Wirtschafts- und Sicherheitsanalystin im griechischen Teil der Insel, schrieb ähnlich enttäuscht: "Willkommen in der hellenischen Rumpfrepublik Zypern. Keine Notwendigkeit mehr, Macht zu teilen."

Bei den vorgezogenen Wahlen am Sonntag war die rechtskonservative Partei der nationalen Einheit (UBP) von Hüseyin Özgürgün mit 38 Prozent und 21 Abgeordneten zur stärksten Kraft im Parlament geworden. Sie arbeitete gegen die Zypern-Verhandlungen, die der türkische Volksgruppenchef Mustafa Akıncı führte und die im Sommer 2017 scheiterten.

Sieg des Establishments

Özgürgün war 2016 als Sieger aus einem Kräftemessen hervorgegangen, bei dem seine Partei am Ende im Parlament eine Rechtskoalition bilden konnte und die eigentlich stärkeren, zuvor regierenden Kemalisten der Republikanischen Volkspartei (CTP) in die Opposition verwies. Die Wiederwahl Özgürgüns und seiner UBP gilt nun als Sieg des alten Ankara-treuen Establishments.

Wegen seiner politischen und wirtschaftlichen Isolation ist der türkische Teil Zyperns von der finanziellen Unterstützung Ankaras abhängig. Den UBP-Regierungen werden Nepotismus und Korruption vorgeworfen. Özgürgün selbst stellte sich keiner TV-Debatte. Sein Wahlsieg ist weniger komfortabel, als er aussieht: Die Reformkräfte um die neue Volkspartei (HP), die Partei der demokratischen Gesellschaft (TDP) und die Kemalisten verloren knapp. Die fünf Stimmen zur Mehrheit holt sich die UBP von einer türkischen Siedlerpartei und einer Nationalistenpartei. 66 Prozent der 190.000 Wähler stimmten ab. (Markus Bernath, 8.1.2018)